Die Diplomaten Israels verweisen bei ihren Stellungnahmen vor der UN oder bei anderen offiziellen Gelegenheiten immer wieder darauf, dass die Vereinten Nationen auf Israel " einseitig fixiert" sind und "sofort alles verurteilen", während in benachbarten Ländern wie zum Beispiel Syrien ein viel grösseres Blutbad stattfindet ohne dass man sich so sehr mit dem Thema befasst wie bei Israel. Auch Ruanda oder Darfur werden in diesem Zusammenhang genannt. Israels Lobbyisten in den USA, wie zum Beispiel der berüchtigte Kriegshetzer Senator Lindsey Graham, beschuldigte die UN erst gerade des Antisemitismus.
Dass die israelischen Diplomaten nicht einmal davor zurückschrecken Vergleiche mit den schrecklichsten Genoziden seit dem Zweiten Weltkrieg anzustellen, zeigt an sich schon die prekäre Lage in welcher sich Israel befindet. Zum einen werden einige Regierungen nicht müde zu betonen, dass Israel "die einzige Demokratie im Nahen Osten" ist und diese Bekundungen natürlich von israelischen Diplomaten immer wieder zur Rechtfertigung bei internationaler Kritik benutzt werden, da es ja nicht sein kann dass die "einzige Demokratie" mit Vorwürfen des Genozids oder anderer schrecklichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezichtigt werden kann. Das will nicht wirklich in dieses Bild der "einzigen Demokratie" passen. Obwohl die Behauptung zutrifft, dass Israels Verbrechen mit dem Ausmass der Genozide von Ruanda oder Darfur tatsächlich nicht verglichen werden können, so sind doch die begangenen Verbrechen der Vergangenheit, Gegenwart (und es gibt keinen Grund anzunehmen dass es in Zukunft anders sein sollte), gerade wegen des eigenen Anspruchs "die einzige Demokratie im Nahen Osten" zu sein, zu verurteilen.
Nebst den Vereinigten Staaten von Amerika, hat kein anderes Land auf der Welt das für sich den Anspruch erhebt eine Demokratie zu sein, mehr Menschen getötet als Israel. Seit der Gründung des modernen Staates Israel im Jahr 1948, führte Israel insgesamt 8 Kriege gegen Nachbarstaaten, die man als war of choice, also Krieg nach Wahl bezeichnen kann. Lediglich der Oktoberkrieg von 1973 war ein Krieg, indem Israel tatsächlich angegriffen wurde und wo die Behauptung mit dem Recht auf Selbstverteidigung, die bis heute gebetmühlenartig aus einige Hauptstädten zu vernehmen ist, wirklich berechtigten Charakter hatte. Hier ein kleiner Überblick der Konflikte seit der Gründung Israels und die resultierenden Opferzahlen:
Konflikt: Israelische Opfer: Arabische Opfer:
1956: Suezkrieg 231 4000
1967: Junikrieg 776 18000
1973: Oktoberkrieg 2688 19000
1978: 1. Libanoninvasion 20 2000
1982: 2. Libanoninvasion 657 19085
1987 - 1991: 1. Intifada 160 1160
1994: "Früchte des Zorns" 0 150
2000 - 2005: 2. Intifada 1010 3200
2006: Libanonkrieg 164 1800
2008: Gazakrieg 13 1440
2012: Gazakrieg 4 133
2014: Gazakrieg 52 (Stand 28.07.14) 1301 (Stand 30.07.14)
Und das sind nur die Zahlen die einem bestimmen Konflikt zugeordnet werden können. Es versteht sich daher von selbst, dass israelische Propagandisten versuchen von diesen Fakten abzulenken oder sie mit noch gewaltigeren Verbrechen wie eben Ruanda oder Darfur zu "verschönern". Indem aber unsere politischen Führer wie Angela Merkel, Barack Obama, David Cameron, um nur einige zu nennen, nach wie vor der israelischen Aggression den Rücken decken, gibt es für Ministerpräsident Netanyahu überhaupt keinen Grund dieses aktuelle Morden im Gaza Streifen zu stoppen. Länder wie Ecuador, Südafrika, Malediven oder Brasilien hingegen reagierten mit unterschiedlichen Massnahmen gegen diesen Krieg, und wurden von Israel prompt lächerlich gemacht oder als "diplomatischer Zwerg" beschimpft (im Falle Brasiliens).
Während in vielen Städten weltweit gegen den Gaza Krieg demonstriert wird und die Menschen ganz offensichtlich eine andere Position als ihre politischen Vertreter einnehmen, versuchen israelische Diplomaten genau an diesem Punkt anzusetzen. Weil es bei einigen Protesten in Europa ganz klar zu antisemitischen Parolen aufgrund des israelischen Kriegsverbrechen kam, wird unweigerlich das Horrorszenario des Holocausts verwendet um so Druck auf die europäische Politik auszuüben. "Wir stehen möglicherweise vor dem Beginn eines erneuten Holocaust", warnte der Präsident des Israelischen Jüdischen Kongresses.
Dabei haben die Proteste gegen Israels Krieg gegen unschuldige Zivilisten im Gaza Streifen nichts mit Antisemitismus zu tun, sondern sie sind Ausdruck von Solidarität mit den Menschen die schutzlos der gesamten Kriegsmaschinerie Israels ausgeliefert sind. In Zeiten von Twitter und Youtube sehen die Menschen selbst und ohne Zensur was sich abspielt, und das führt natürlich zu noch grösserem Ärger und Wut nicht nur über Israels Angriffe, sondern auch über die eigenen Regierungen die nichts dagegen unternehmen.
Und genau das will Israel verhindern wenn es nach dem Willen von Netanyahu & Co. ginge.
Es gibt Rufe die von der Europäischen Union (EU) verlangen, dass Brüssel "strikte Regulierungen" des Formats und Inhalts der Proteste einführt, und dass eigens dafür ein "Spezial Europa-Kommissar" eingesetzt wird der die Proteste genehmigt und überwacht. Den Einwand der Europäer dass es sich dabei um das "Recht der freien Meinungsäusserung" handelt wenn Menschen gegen Israel`s Kriege protestieren, wischten die israelischen Vertreter beiseite und behaupten dass "jede Kritik gegen Israel eine Form von Antisemitismus" ist. Und nach diesem Maßstab wären dann tatsächlich sämtliche Proteste antisemitischer Natur, was natürlich vollkommen absurd ist. Wenn gezielte Hasstiraden gegen Juden bei solchen Protesten geführt werden, dann müssen diese Leute auch entsprechend bestraft werden. Aber wenn Menschen Kritik gegen den israelischen Staat aufgrund der begangenen Politik ausüben, dann hat das mit Sicherheit nichts mit Antisemitismus zu tun.
Während aber israelische Vertreter von Europa "strikte Regulierungen" verlangen um so die Kritik an der eigenen Politik einzudämmen, gibts es nichts dergleichen im Umgang mit den eigenen Rechtsradikalen die frei und ohne jegliche Konsequenzen durch Tel Aviv schreiten können, und Parolen von der hässlichsten Art verbreiten:
"Es gibt keine Schule Morgen in Gaza, es sind keine Kinder in Gaza übrig geblieben" singen diese jüdischen Rechtsradikalen, und skandieren die obligatorischen "Ich hasse alle Araber" und "Gaza ist ein Friedhof".
Dieser Kampf gegen die Kritiker ist aber nicht nur auf Regierungsebene beschränkt. Selbst Blogger die über sehr gute Kontakte in Israel verfügen, werden immer wieder versucht gezielt zum Schweigen oder zumindest in Schwierigkeiten zu bringen. So traf es zuletzt den jüdisch-amerikanischen Blogger Richard Silverstein.
In seinem Fall mischte sich der Direktor des Drohnen und Weltraumprogramms des Fisher Instituts, Tal Inbar, ein und versuchte mit seiner Macht das Konto von Richard bei Facebook zu löschen. Durch eine gut organisierte Verleumdungskampagne wurde Facebook gemeldet, dass es Richard gar nicht gibt und dass er absichtlich seine Identität verschleiern wollte. Natürlich war das Blödsinn, aber wenn bei Facebook eine genügend grosse Anzahl von solchen Behauptungen eintreffen, sperrt das System automatisch das Konto und verlangt dann erst vom Kontoinhaber die Bestätigung der Identität. Auf seiner eigenen Facebook Seite machte Tal Inbar gegen Richard Silverstein mobil und beschuldigte ihn, "widerliche und schreckliche Lügen" zu verbreiten.
Das Problem klärte sich zwar innerhalb von 48 Stunden, aber dennoch bedeutete diese Verleumdungskampagne einen zusätzlichen administrativen Aufwand und Ärger. Das aber der Direktor jenes Instituts gegen einen Blogger vorgeht, das die Drohnen entwickelt die gerade im Einsatz gegen die Palästinenser stehen und weltweite Abnehmer finden soll, so auch u.a. die Schweiz, zeigt ebenso wie der Versuch der israelischen Diplomaten die Verbrechen der Regierung zu verharmlosen, dass man in allen Bereichen äusserst nervös über die globalen Reaktionen ist. Und das obwohl die Mainstream Medien oder die Regierungen eindeutige Positionen bezogen haben und ausser Lippenbekenntnissen nichts weiter unternehmen um das Blutbad durch die Hand der "einzigen Demokratie im Nahen Osten" zu stoppen, so sorgen doch die vielen Menschen weltweit die die Augen nicht verschlossen haben, für eine gehörige Portion Unmut. Vielleicht schaffen wir es, dass auch unsere Regierungen die Augen öffnen.
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