Dienstag, 2. September 2014

Ukraine: Durch Lügen vor dem Abgrund

Es ist ja nicht so als ob wir das nicht alles schon mal erlebt haben. Dass sich die Menschen an die grosse Lüge des Tonkin Zwischenfalls von 1964 nicht mehr erinnern - als behauptet wurde dass  amerikanische Kriegsschiffe im Golf von Tonkin von vietnamesischen Booten angegriffen wurden und das als Kriegserklärung an die USA gewertet wurde - ist durchaus nachvollziehbar.
Das Problem aber ist, dass es diesen vietnamesischen Angriff nie gegeben hat und das Weisse Haus in Washington D.C. aber genau solch einen Vorwand gebraucht hat, um endlich in den Krieg gegen den Kommunismus ziehen zu können.

Auch wenn die Gründe des Krieges vielleicht nicht jederman bekannt sind, die Bilder von amerikanischen Gräueltaten und der ultimativen Niederlage der Vereinigten Staaten von Amerika sind es um so mehr.

Aber woran wir uns eigentlich sehr gut erinnern sollten und im Internetzeitalter sehr gut und vor allem sehr schnell dokumentiert wurde, ist die amerikanische Lüge die zum Irakkrieg im Jahr 2003 geführt hat. Das Bild des bis zu diesem Zeitpunkt hochgeschätzten US-Aussenministers Colin Powell, einem dekorierten General und ehemaligen Vorsitzenden der Vereinigten Stabschefs der US-Streitkräfte, als er vor der UN-Vollversammlung seine Rede mit den fingierten Beweisen von irakischen Massenvernichtungswaffen hielt, sollte noch Millionen von Menschen bestens in Erinnerung sein. Powell`s Rede und seine bis zu diesem Zeitpunkt stärkste Waffe, seine Integrität, ebneten erst den Weg für Amerikas Invasion des Iraks. In seiner Biographie Leadership beschreibt Powell diese Rede zwar als "Schandfleck" seiner Karriere, aber es ändert nichts an der Tatsache dass er unmittelbar dazu beigetragen hat - durch diese Rede vor der UN-Vollversammlung und durch seine Zustimmung bei der Entscheidung zum Irak Feldzug - dass der Irak zerstört wurde.
Das Endresultat dieses Irakkrieges ähnelte sehr dem Vietnamkrieg: wieder musste die vermeintliche Supermacht das Schlachtfeld mit einer militärische Niederlage verlassen, obwohl die wirklichen Verlierer am Ende die Iraker selbst blieben.

Und was war mit Libyen vor drei Jahren? Auch da mussten wieder Lügen über angebliche Containerladungen von Viagra herhalten, die das libysche Regime zur systematischen Vergewaltigung des eigenen Volkes bestellt hat (siehe auch "NATO-Intervention in Libyen durch False-Flag?").
Was haben aber diese Lügen und die daraus resultierenden Kriege alle gemeinsam? Sie alle wurden gegen Länder geführt, die zumindest auf dem Papier keine Chance gegen die militärische Supermacht gehabt hätten. Dass die Kriege in Vietnam und Irak, wo die Amerikaner eigene Truppen auf dem Boden hatten, dann schliesslich doch verloren wurden zeigt nur dass es im Krieg nicht nur auf die vermeintliche militärische Überlegenheit ankommt, sondern eben auch ob man bereit ist für die Sache zu sterben. Bei den Vietnamesen und Irakern die für ihr Land kämpften stand diese Frage nie zur Debatte; für die fremden Besatzer aber sehr wohl. 

Lügen in und für die Ukraine
Betrachtet man die Lügen die zum Bürgerkrieg in der Ukraine geführt haben, könnte man durchaus zum Schluss kommen dass der Westen von den ganzen anderen Lügen die in einem Krieg kulminierten nichts dazugelernt hat.
Auch die Rhetorik ist die gleiche geblieben. Noch vor der Irakinvasion wurde der irakische Diktator Saddam Hussein als "neuer Hitler" bezeichnet. Später wurde der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad als "Hitler" bezeichnet, und erst letztes Jahr erhielt der syrische Präsident Bashir al-Assad diesen Titel. Und als ob es sich um eine Oscar-Nominierung handelt wenn man eine Person als Hitler bezeichnet, erhielt zuguterletzt auch der russische Präsident Vladimir Putin das Prädikat "wie Hitler". Nur waren es diesesmal die Europäer die sich anschickten diesen Vergleich zu machen, und dazu noch ausgerechnet die Briten (Prinz Charles) und die Deutschen (Wolfgang Schäuble) die es nun wirklich besser wissen müssten.
Indem nun jeder politische Führer der dem Westen nicht genehm ist als Hitler bezeichnet oder verglichen wird, verliert diese "Marke" Hitler an der Monströsität die sie nach dem Zweiten Weltkrieg über fast 60 Jahre inne hatte. Während man lange Zeit den Namen Hitler nur hinter vorgehaltener Hand aussprach und erst Recht niemanden mit ihm verglich, scheint es heutzutage schon fast in zu sein wenn man einen unbequemen Staatsmann als Hitler bezeichnet.

Auch die Lügen sind geblieben. Im April meldete die New York Times auf der Titelseite, man habe fotografische Beweise dass russische Soldaten in der Ukraine gesichtet wurde. Wie ich am 29. April geschrieben habe, musste die New York Times nach ein paar Tagen zurückrudern und zugeben, dass man einen Fehler gemacht hat.
Dann gab es diese Tragödie mit dem Passagierflugzeug MH-17 der Malaysia Airlines das in der Ostukraine abgeschossen wurde. Und wieder war es der amerikanische Aussenminister John Kerry der umgehend Russland beschuldigte für den Abschuss verantwortlich zu sein. In verschiedenen Talkshows, den wichtigsten Talkshows in den USA die von Millionen von Amerikanern zur Meinungsbildung geschaut werden, erklärte Kerry dass es eine "enorme Menge an Beweisen" gibt die auf Russland mit dieser Tragödie in Verbindung bringen. Weiter meinte er, dass die Untersuchung des Flugzeugabsturzes zu "definitiven Rückschlüssen" auf Russlands Rolle führen werde. Ausser diesen Talkshows lieferte John Kerry oder sonst irgendjemand keine Beweise für diese Anschuldigungen. Und dennoch wurde es auf der ganzen Welt von den Medien übernommen und ausgestrahlt. Als Russland aber offensichtlich stichhaltige Beweise geliefert hat wer das Flugzeug tatsächlich abgeschossen haben könnte, verstummte der Propagandazug gegen Russland auf der Stelle und blieb seitdem ruhig. Denn die Beweise deuten darauf hin, dass die ukrainische Armee selbst das Flugzeug abgeschossen hat. Die Motive variieren zwar noch zwischen einer False Flag Aktion, also der bewussten Tötung von unschuldigen Menschen um den Westen in einen Krieg gegen Russland zu locken, oder aber es handelte sich um ein "Versehen" da das eigentliche Ziel nicht die MH-17 der Malaysia Airlines war, sondern die Präsidentenmaschine von Vladimir Putin die sich zu der Zeit auf dem Rückflug aus Brasilien befand.
Fakt ist, dass nachdem Russland seine Daten zum Flug MH-17 veröffentlicht hat, die Propaganda der Putschisten in Kiev und deren Unterstützer in Washington und Brüssel wie ein Kartenhaus zusammengefallen ist und seitdem das Interesse jener Medien enorm nachgelassen hat, die zuvor übereifrig an der Beschuldigung Russlands teilgenommen haben.
Auch die Veröffentlichung der Ergebnisse der Black-Box Untersuchung wurde ohne Angabe von Gründen verschoben und auf Anfang/Mitte September angekündigt. Das sieht leider sehr danach aus, dass die Ergebnisse nicht so ausgefallen sind wie man sich das in Washington erhofft hat und nun eine Strategie erarbeitet wird, wie der Schaden minimiert werden soll. Für diese Annahme spricht, dass es ausgerechnet Russland ist das vehement auf die Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse drängt und es angeblich ein Dokument vom 8. August gibt, wonach sich die Länder die an der Untersuchung beteiligt sind (Niederlande, Belgien, Ukraine und Australien) darauf verständigt haben sollen, dass die Ergebnisse so lange unter Verschluss gehalten werden bis "alle Anfragen vollständig erledigt sind".  Zurecht beschwert sich Russland dann über eine "mangelnde Transparenz".
Sollte sich diese "Konspiration zur Vertuschung" der Untersuchungsergbnisse aus der Black Box als korrekt erweisen, dann könnten die "Konspiranten" die Rechnung ohne Malaysia gemacht haben. Denn Kuala Lumpur musste die Teilnahme an den Untersuchungen erlaubt werden und das nachvollziehbar riesige öffentliche Interesse in Malaysia darüber wer denn nun für den Tod von so vielen unschuldigen Passagieren verantwortlich ist, verunmöglicht eine Verschleierung der Tatsachen. Die grösste englischsprachige Tageszeitung Malaysias, New Straits Times, macht denn auch klar wer für den Abschuss der MH-17 verantwortlich ist: die Ukraine!

Bild aus der New Straits Times zeigt ein Trümmerteil der MH-17, das mehrere Einschusslöcher aufweist und daher auf Schüsse aus der Bordkanone eines Kampflugzeugs hindeutet. Das passt aber überhaupt nicht zu der Behauptung aus Kiev, dass keine ukrainischen Kampfjets zur fraglichen Zeit in der Luft waren. Auch russische Radardaten und Zeugenaussagen beweisen aber eben einen solchen Kampfjet in der Nähe der MH-17.

Doch die Lügen endeten nicht mit dem Abschuss der Boeing aus Malaysia. Schon bald erfuhren wir aus den Medien, dass die Ukraine einen "bewaffneten Militärkonvoi" zerstört hat, den Russland "durch ein Loch im Zaun" geschleust hat. Der ukrainische Präsident Poroschenko bestätigte diesen Zwischenfall in einem Telefonat mit dem britischen Premierminister Cameron und nannte die Nachricht "glaubwürdig". Etwa genauso glaubwürdig wie seine Behauptung dass es keine ukrainische Kampfjets bei der MH-17 gab?
Und nur ein paar Tage nach diesem Zwischenfall gibt es schon wieder Sensationsmeldungen. Diesesmal sind es nicht nur ein paar Militärfahrzeuge, sondern eine ausgewachsene Invasion Russlands!

Der als Kriegshetzer berüchtigte Senator der Republikaner im US-Kongress, Robert Menendez, reiste wie schon einige andere Kollegen vor ihm nach Kiev um sich mit dem Putschistenregime von Poroschenko zu treffen. Aus Kiev meldete Menendez dann: "Tausende von russischen Truppen sind hier mit Panzern, Raketen, schwerer Artillerie." Menendez`Ansicht zufolge handelt es sich dabei um eine "direkte Invasion". Während von offizieller Seite niemand von einer Invasion sprechen will, handelt der NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen aber so. In einer Pressekonferenz nach einer Dringlichkeitssitzung der NATO-Ukraine-Kommission sprach Rasmussen das Wort "Invasion" nicht aus, aber er sagte dass "russische Kräfte in direkten militärischen Operationen in der Ukraine beteiligt sind". Als Beweis dienten Satellitenbilder die die NATO von dem Privatunternehmen DigitalGlobe erhalten hat, welche die These der "russischen Invasion" unterstreichen sollte.


                                  Satellitenbild von DigitalGlobe, das eine Kolonne einer russischen Artillerieeinheit zeigen soll.

Was aber in unseren Medien, und insbesondere in britischen und amerikanischen Medien eher ungern berichtet wird, ist das was die Militärbeobachter der OSZE-Mission in der Ukraine zu dieser ganzen Spekulation zu sagen haben: keine Hinweise auf eine Präsenz von russischen Truppen auf ukrainischem Boden.

Das aber der Begriff "Invasion" dennoch verwendet wird, ähnlich wie die Verwendung des Hitler-Vergleichs, zeigt wie sehr der Westen darauf ist die öffentliche Meinung zu manipulieren indem suggeriert werden soll, dass Russland und natürlich Vladimir Putin der Inbegriff des Bösen ist. Selbst wenn es sich bei dem obigen Bild um eine russische Artillerieeinheit handeln sollte, ist das noch lange keine Invasion. Hätte tatsächlich eine russische Invasion stattgefunden, dann müsste die NATO nicht mit Bildern von einem Privatunternehmen hantieren sondern hätte eigene Bilder die nicht nur ein paar Fahrzeuge zeigen, sondern tausende Soldaten in Begleitung von Panzern, Kampfhelikoptern und Kampfjets. Als Georgien 2008 mit Hilfe der USA und Israel die abtrünnige russische Enklave Süd-Ossetien besetzt hatte, konnte man sehen wie eine russische "Invasion" aussehen könnte als in nur fünf Tagen die georgische Truppen vernichtend geschlagen wurden. Ansonsten kann man sich auch die amerikanische Invasion des Irak als Beispiel nehmen, wie denn eine militärische Invasion auszusehen hat. Das was auf diesen von der NATO präsentierten Satellitenbildern zu sehen ist, ist alles mögliche, nur keine Invasion (was auch von der OSZE entsprechend bestätigt wurde).

Manipulation der öffentlichen Meinung
Was die Ukraine so gefährlich macht ist etwas, was man sich noch zu Jahresbeginn kaum vorstellen konnte. Dass der Westen hinter dem Putsch an dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukovitsch steckt ist kein Geheimnis. Ja, es wurde sogar von Victoria Nuland, der zuständigen Leiterin für Europa im US-Aussenministerium, bestätigt
Und trotz diesen Fakten ist die überwiegende Stimmung in Europa und den USA eine höchst negative, bereits feindselige Stimmung gegenüber Russland. Wie kann das aber sein? Wieso ignorieren die Menschen die Tatsachen, dass der Westen eine demokratisch gewählte Regierung in der Ukraine gestürzt hat und ein Regime an die Macht gebracht hat, das von der europäischen Vorstellung einer Demokratie so weit entfernt ist wie die Vorstellung einer russischen Invasion  einiger amerikanischen Senatoren?

Dafür gibt es nur eine Erklärung: die Manipulation der öffentlichen Meinung.
Und das ist das gefährlichste Element in dieser Ukraine-Krise. Unsere Medien beschäftigen sich mit Themen und versuchen tatsächlich die gemachten Vergleiche zwischen Putin und Hitler gelten zu lassen. Zwar nur in ganz eng gefassten Grenzen wie sie selbst betonen, aber dennoch wird der Vergleich zugelassen und akzeptiert (siehe Die Welt, 20 Minuten, Forbes, Fox News, Cicero uvm.). Wenn man aber erst einmal die Meinung angenommen hat dass Vladimir Putin tatsächlich mit Adolf Hitler vergleichbar ist - und natürlich würden jetzt alle Redakteure der hier genannten Medien laut rufen dass sie das so nicht gesagt oder gemeint haben, was ja auch stimmt - auch wenn dieser Vergleich zunächst nur in sehr eng gesteckten Grenzen gezogen wurde, werden sich die Menschen später aber nicht mehr an diese Feinheiten erinnern sondern nur noch daran, dass ein Vergleich unternommen wurde und auf allgemeine Akzeptanz gestossen ist.     
Wenn dann auch noch im Volk respektierte Politiker, wie zum Beispiel der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck, anlässlich einer Gedenkrede zum Zweiten Weltkrieg in solch einer symbolträchtigen Umgebung wie der Westerplatte in Polen zum rhetorischen Schlag gegen Russland ausholt, dann dürfte das die letzten Zweifler zum Schweigen gebracht haben und der Manipulation der öffentlichen Meinung ausserordentlich dienlich gewesen sein. Im Übrigen nicht ganz unähnlich der UN-Rede von Colin Powell. Aber schauen wir uns kurz an was der deutsche Bundespräsident zu sagen hatte:
"Nach dem Fall der Mauer hatten die Europäische Union, die NATO und die Gruppe der großen Industrienationen jeweils besondere Beziehungen zu Russland entwickelt und das Land auf verschiedene Weise integriert. Diese Partnerschaft ist von Russland de facto aufgekündigt worden. Wir wünschen uns auch in Zukunft Partnerschaft und gute Nachbarschaft. Aber die Grundlage muss eine Änderung der russischen Politik und eine Rückkehr zur Achtung der Prinzipien des Völkerrechts sein.
Weil wir am Recht festhalten, es stärken und nicht dulden, dass es durch das Recht des Stärkeren ersetzen wird, stellen wir uns jenen entgegen, die internationales Recht brechen, fremdes Territorium annektieren und Abspaltung in fremden Ländern militärisch unterstützen. Und deshalb stehen wir ein für jene Werte, denen wir unser freiheitliches und friedliches Zusammenleben verdanken. Wir werden Politik, Wirtschaft und Verteidigungsbereitschaft den neuen Umständen anpassen. Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten lassen sich in diesen Grundfragen nicht auseinanderdividieren, auch nicht in Zukunft.
Die Geschichte lehrt uns, dass territoriale Zugeständnisse den Appetit von Aggressoren oft nur vergrößern. Die Geschichte lehrt uns aber auch, dass aus unkontrollierter Eskalation eine Dynamik entstehen kann, die sich irgendwann der Steuerung entzieht. Deshalb strebt Deutschland – wie die ganze Europäische Union – nach einer deeskalierenden Außen- und Sicherheitspolitik, die Prinzipienfestigkeit mit Kompromissfähigkeit, Entschiedenheit mit Elastizität verbindet – und die imstande ist, einer Aggression Einhalt zu gebieten ohne politische Auswege zu verstellen."
Nach den Worten Gauck`s hat also Russland die "Partnerschaft de facto aufgekündigt". Ganz ähnlich äusserte sich auch NATO-Generalsekretär Rasmussen: "Russland betrachtet uns als Gegner. Und daran werden wir uns anpassen.
Dass es aber ausgerechnet sein Vize Alexander Vershbow war der schon im Mai angekündigt hatte, dass die NATO Russland wieder als Feind klassifiziert hat (siehe "Ukraine fällt auseinander"), verschwieg Rasmussen lieber. Das will nicht so wirklich ins Bild passen mit der gerade erst getätigten Aussage "Russland betrachtet uns als Gegner". Aber es gibt eine Übereinstimmung mit Rasmussen und Gauck: beide benutzten das Wort "anpassen", was bedeuten soll dass man sich an Russland als neuen Feind anpassen wird. 
Genau aus diesem Grund ist es für Washington und Brüssel so wichtig, die öffentliche Meinung hinter die angestrebte Politik zu bringen. Da wir aber seit dem Ende des Kalten Krieges eine neue Generation haben die in einem vom Konsum geprägten Umfeld und ohne richtiges Feindbild aufgewachsen ist, braucht es schon eine andere Qualität beim Feindbild als den nicht zu fassenden internationalen Terrorismus oder auch den Iran. Ein Riesenreich wie Russland, mit dem enormen Arsenal an Nuklearwaffen, ist da ein ganz anderes Kaliber. Man braucht dann nur noch die schlimmsten Ängste der Menschen zu schüren um sie auf die gewünschte Linie zu bringen. 

Und wie lässt sich das alles am besten bewerkstelligen? Durch Lügen. 
Aber in einem Punkt hat Joachim Gauck Recht als er sagte, dass "aus unkontrollierter Eskalation eine Dynamik entstehen kann, die sich irgendwann der Steuerung entzieht".  Ich befürchte aber, dass unsere Politiker die Kontrolle bereits verloren haben. In den USA wurde ein Gesetzesentwurf vorbereitet, US-Senate Bill 2277, der die ganzen Fortschritte der Normalisierung zwischen den USA und Russland seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion zunichte machen würde. Dieser Gesetzesentwurf sieht vor, dass die USA der Ukraine, Georgien und Moldawien einen NATO-Sonderstatus zusprechen um sie unter dem Deckmantel der NATO mit US-Waffensystemen auszustatten; dass in Polen, Estland, Lettland, Litauen und anderen NATO-Mitgliedsstaaten NATO-Truppen stationiert werden. 
Dieser Entwurf sieht aber insbesondere für Deutschland eine besondere Rolle vor. Sollte Bill 2277 zum Gesetz werden, dann müsste der US-Präsident eine "United States-German Global and European Security Working Group" errichten um die "wirtschaftliche, politische und militärische Kooperation" in europäischen Fragen - inklusive der Ukraine - zu stärken. Dieser Entwurf wird die Weichen nicht auf Deeskalation mit Russland stellen wie das Joachim Gauck gesagt hat. Im Gegenteil, die Konfrontation mit Russland wird dadurch nur noch weiter verschärft. Durch Lügen sind wir diesem Abgrund, der Gefahr eines erneuten Weltkrieges, mit grossen Schritten näher gekommen. 

*UPDATE 03.09.14*
Russland hat erst Gestern, am 02.09.14, die NATO in ihrer Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin als eine der "Hauptbedrohungen" für die nationale Sicherheit für Russland deklariert. Also fast vier Monate nachdem die NATO diesen Schritt unternommen hat und damit den Kurs auf Konfrontation gesetzt hat, und auch in unmittelbarer Reaktion auf die Rede des NATO-Generalsekretärs Rasmussen und dessen Ankündigung eine "mehrere Tausend Mann starke Schnell-Eingreiftruppe" aufzustellen, die "innerhalb von wenigen Tagen" nach Osteuropa verlegt werden könnte um der vermeintlichen russischen Bedrohung etwas entgegen zu setzen. Wieso erzählte uns Rasmussen also noch bevor Moskau die Verteidigungsdoktrin an die europäischen Handlungen "angepasst" hat, dass "Russland uns als Gegner betrachtet"? 

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