Das Deutsche Auswärtige Amt hatte vergangenes Jahr einen "Realitätscheck" herausgegeben, der viel mehr eine Direktive für die Angestellten und Diplomaten war, wie sie sich zu den unbequemen Fragen zum Thema Ukrainekonflikt äußern sollen. Dabei verdiente es diese Direktive nicht im Geringsten als "Realitätscheck" bezeichnet zu werden. Es waren lediglich von der Regierung aufgetragene Behauptungen, die den "russischen Behauptungen" entgegengesetzt wurden. Im Grunde genommen wurden mit dieser Direktive die Angestellten des Auswärtigen Amtes in eine prekäre Lage gebracht: sie sollten etwas behaupten, das weder mit Fakten unterlegt wurde noch einem wirklich Check standhalten würde.
Einen "Realitätscheck" etwas anderer Art gab es auch zum Abschluss des NATO-Gipfels in Warschau. Das offizielle Kommuniqué, ein superlanges 139-Punkte fassendes Dokument, ist ein Sammelsurium von Beschuldigungen, älteren Abmachungen und in Warschau vereinbarten Zielen. Man könnte es auch als eine Art "Road Map" der NATO bezeichnen, in welche Richtung sich die Organisation kurz- und mittelfristig bewegen soll, das von allen NATO-Staatschefs unterzeichnet wurde. Deshalb ist es auch so wichtig, darüber zu berichten und die wesentlichen Punkte genauer unter die Lupe zu nehmen. Der "Schulterschluss" über den unsere Medien mit Vorliebe berichtet haben, wird in der einen oder anderen Form Einfluss auf die Bürgerinnen und Bürger der jeweiligen NATO-Länder haben. Gerade in Deutschland, wo sich die Regierung aufmacht, die Führung in Europa übernehmen zu wollen.
Diesbezüglich ist auch das Timing der Veröffentlichung des "Weissbuches 2016" der Bundesregierung interessant, das nur Tage nach dem Gipfel in Warschau erfolgte. Erstaunlich dabei ist, wer für die Erstellung des "Weissbuches" verantwortlich war, nämlich das Verteidigungsministerium unter Ursula von der Leyen. Auch wenn es dabei um die künftige Ausrichtung der Bundeswehr und die Sicherheit Deutschlands geht, es ist und bleibt ein politischer Prozess der normalerweise von der zivilen Führung des Landes formuliert sein sollte, sprich dem Kanzleramt, und nicht vom Verteidigungsministerium.
Wer sich die Mühe macht und das deutsche Weissbuch liest und mit dem Kommuniqué vergleicht, wird vermutlich einige Parallelen feststellen können. Und genau darin liegt das Problem: die Grenzen zwischen Politik und Militär, NATO und EU verwischen zusehends immer mehr. Das wird sich auch im Verlauf dieses Artikels noch zeigen, in welchem die wesentlichen Punkte des Warschauer Kommuniqué`s und des deutschen Weissbuches mit der Realität verglichen werden.
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