Wieder mussten unschuldige Menschen sterben. Wieder traf es jene, die doch eigentlich bloß helfen wollten. Und wieder zeigte sich das Bild eines Informationskrieges, der an Hässlichkeit und Zynismus kaum mehr zu überbieten ist. Die Rede ist von dem Hilfskonvoi, der am späten Montagabend in der Nähe der syrischen Stadt Aleppo in Flammen aufging.
Ausnahmslos alle deutsche Massenmedien berichteten am Dienstag über einen russischen oder syrischen Luftangriff auf einen aus 38 LKW`s bestehenden Hilfskonvoi der Vereinten Nationen oder "einer anderen Hilfsorganisation". Das war der allgemeine Tenor, mit dem die Menschen in Deutschland (und nicht nur da) den ganzen Tag lang, über sämtliche Kommunikationskanäle beschallt wurden. Hier nur einige wenige Beispiele von SpiegelOnline, ZeitOnline, Süddeutsche Zeitung, FAZ oder auch die Schweizer NZZ. Den mit Abstand widerwärtigsten Artikel schrieb aber die BILD. Bereits im Titel heisst es da: Steinmeier: Russen-Angriff auf Konvoi "terroristische Tat"!
Was dieser Artikel aber vermutlich unbeabsichtigt wunderschön zeigt, ist, wie Propaganda funktioniert. Schon der Titel impliziert nicht nur, sondern legt dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier die Behauptung in den Mund, dass er Russland für diesen Angriff für verantwortlich hält und es als einen Terroranschlag verurteilt. Erst im letzten Absatz dieses recht langen Artikels wird dann geschrieben, was Steinmeiner tatsächlich gesagt hat: es sei "eine abscheuliche, eine terroristische Tat" die er "auf das Allerschärfste" verurteile. Von dem im Titel mitgegeben Spin des "Russen-Angriffs" keine Spur mehr. Laut einer neuen Studie lesen bei Online-Artikeln 59% der Leserinnen und Leser nur noch den Titel, was in diesem Fall bedeuten würde, dass mindestens jede(r) Zweite genau die gewünschte Information behalten hat: Außenminister Steinmeier verurteilt den "Russen-Angriff" als terroristische Tat. Dazu kommt, dass diese Information den ganzen Tag über im Radio, Fernsehen oder Internet zwar in abgeschwächter Form, aber dennoch bestätigt wird. Das ist höchst effiziente Propaganda!
Aber kommen wir zurück zu den Fakten dieses schrecklichen Vorfalls.
Als allererstes muss festgehalten werden, dass es sich nicht um einen UN-Hilfskonvoi gehandelt hat - was von einzelnen Medien korrekt wiedergegeben wurde - sondern um einen Konvoi des syrischen Halbmondes. Das bedeutet nicht, dass dieser Terrorangriff, denn nichts anderes war es, in irgendeiner Form verharmlost werden soll. Es geht nur darum, die Fakten korrekt zu benennen. Der eigentliche UN-Hilfskonvoi steht noch immer an der türkisch-syrischen Grenze, weil die syrische Regierung den Bedingungen der sogenannten "Rebellen" und deren Unterstützern Türkei und USA nicht zustimmen kann. Diese Bedingung lautet, dass die LKW`s verplombt und ohne Möglichkeit der Inspektion durch syrische Regierungsbeamte ins Land gelassen wird. Angesicht dessen, dass die Zieldestination unter anderem auch Ost-Aleppo ist, wo sich Dschihadisten der Jabhat al-Nusra und weitere Gruppierungen einen mörderischen Kampf gegen Regierungstruppen liefern, dürfte dieses Misstrauen gegen von der Türkei beladenen und verplombten LKW`s verständlich sein.
Dazu kommt, und das wird nicht einmal von der UN und geschweige denn von unseren Medien berichtet, dass die Dschihadisten in Ost-Aleppo und ganz offensichtlich auch ein Teil der Bevölkerung diese Hilfslieferungen gar nicht wollen. Zu diesem Zweck zogen sie am 14. September 2016 mit wehenden Fahnen der Freien Syrischen Armee (FSA) und Jabhat al-Nusra demonstrierend durch einige Strassen von Ost-Aleppo. Und was in unseren Medien ebenfalls selten bis gar nie erwähnt wurde im Zuge der Berichterstattung über die Waffenruhe, ist die Tatsache, dass sich von Anfang an die stärksten Dschihadistenfraktionen gegen eine solche ausgesprochen haben. Wie dann unter solchen Umständen ein Hilfskonvoi, der nicht einmal erwünscht war, durchgeführt werden sollte, entzieht sich meiner Vorstellungskraft. Da helfen auch solche vielleicht gut gemeinte, aber polemische und mit faktischen Fehlern behaftete Artikel wie von Jan Rübel nicht weiter.
Zum Weiterlesen bitte hier klicken. Vielen Dank!!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen