Freitag, 7. März 2014

Ukraine: Bravo "The Guardian"

Endlich, endlich findet man in einer angesehenen europäischen Zeitung einen Artikel, der die Dinge in der Ukraine beim Namen nennt und nicht die politische Propaganda aus Brüssel und Washington den Millionen Lesern zum Frühstück serviert. Es ist leider keine deutsche Zeitung, sondern der Guardian aus Grossbritannien. "Leider" sage ich deshalb, weil es unseren Zeitungen offensichtlich viel wichtiger ist nach dem Grundsatz der politischen Korrektheit zu handeln, als der eigentlichen Aufgabe des Journalismus nachzugehen: der unabhängigen Berichterstattung und Aufklärung der Bevölkerung.

Aus diesem Grund habe ich den Bericht aus dem Guardian übersetzt und hoffe, dass ihn die Leser und Leserinnen dieses Blogs fleissig weiter verlinken werden.

"Der Zusammenprall auf der Krim ist die Frucht der westlichen Expansion

Der externe Kampf zur Dominierung der Ukraine hat Faschisten an die Macht gebracht und das Land an den Rand eines Konflikts geführt

Diplomatische Ankündigungen sind bekannt für Heuchelei und Doppelstandards. Doch westliche Verurteilungen der russischen Intervention auf der Krim haben neue Höhen der Selbstparodie erreicht. Die bis jetzt unblutige Einmischung ist ein "unglaublicher Akt der Aggression", erklärte der US-Aussenminister John Kerry. Im 21. Jahrhundert überfällt man einfach keine Länder mehr aufgrund von "komplett erfundenen Gründen", bestand er darauf, während US Alliierte sich darauf einigten dass das ein inakzeptabler Bruch von internationalem Recht war, und dass es dafür "Kosten" nach sich ziehen würde. 

Das die Staaten den grössten Akt von unprovozierter Aggression in der modernen Geschichte aufgrund von erfundenen Gründen ausgeführt haben - gegen den Irak, einem illegalen Krieg der nach jetzigen Schätzungen 500`000 (Menschen) umgebracht hat, nebst der Invasion von Afghanistan, blutigem Regimewechsel in Libyen, und der Tötung von Tausenden durch Drohnenangriffe in Pakistan, Jemen und Somalia - alles ohne UN Autorisierung - gehören solche Argumente in den Bereich der Absurdität.

Es geht nicht nur darum dass die westliche Aggression und gesetzloses Töten auf einer gänzlich anderen Skala gewertet wird als das was Russland geplant hat, von der Ausführung ganz zu schweigen, sondern darum, dass es jegliche Basis von Anschuldigungen der USA und ihren Alliierten gegenüber Russland entzieht. Weil die westlichen Mächte ebenfalls zuerst eine zentrale Rolle in der Schaffung der Krise in der Ukraine gespielt haben.

Die USA und die europäischen Mächte haben offen die Proteste unterstützt, um die korrupte, aber gewählte Regierung von Viktor Janukovitsch zu stürzen, welche durch die Kontroverse eines alles-oder-nichts Abkommens mit der EU ausgelöst wurden, welches eine wirtschaftliche Assoziierung mit Russland ausgeschlossen hätte. 

In ihrem berüchtigten "Fuck the EU" Telefongespräch kann man die US-Offizielle Victoria Nuland hören, wie sie die Form einer post-Janukovitsch Regierung auslegt, wovon vieles sich einige Wochen später in die Realität verwandelt hat nachdem er nach der Eskalation der Gewalt gestürzt wurde.

Der Präsident hat zu diesem Zeitpunkt die politische Autorität verloren, aber seine Absetzung über Nacht war mit Sicherheit verfassungsmässig fragwürdig. An seiner Stelle trat eine Regierung von Oligarchen, neoliberalen Orangenen-Revolutionären und Neofaschisten an, deren erste Amtshandlung es war den offiziellen Status der russischen Sprache versuchen zu ersetzen,  welche von einer Mehrheit im Süden und Osten gesprochen wird, sowie der Versuch unternommen wurde die kommunistische Partei zu verbieten, welche in den letzten Wahlen 13% gewonnen hat.

Es wurde behauptet dass die Rolle der Faschisten während den Demonstrationen durch die russische Propaganda übertrieben wurde, um Vladimir Putin`s Manöver in der Krim rechtzufertigen. Die Realität ist alarmierend genug die keine Übertreibung benötigt. Aktivisten berichten dass die Rechten etwa einen Drittel der Protestierenden ausgemacht haben, aber sie waren entscheidend für die bewaffnete Auseinandersetzung mit der Polizei.

Faschistische Gangs patrouillieren in den Strassen. Aber sie sind auch in den Korridoren der Macht in Kiev. Die rechte Svoboda Partei, dessen Anführer die "kriminellen Aktivitäten" des "organisierten Judentums" angeprangert haben und welche vom europäischen Parlament für ihre "rassistische und antisemitische Sicht" verurteilt wurden, hat fünf Ministerposten in der neuen Regierung - inklusive des Vize-Ministerpräsidenten und Generalstaatsanwalts. Der Anführer des noch extremeren Rechter Sektor (Pravy Sektor), des Herzstücks der Strassengewalt, ist jetzt stellvertretender Direktor der Nationalen Sicherheit der Ukraine.

Das ist das erste Mal das Neo-Nazis in einer Regierung nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa sitzen. Aber das ist die nicht gewählte Regierung die von den USA und der EU gestützt wird. Und in einer verächtlichen Abfuhr für die normalen Ukrainer die gegen die Korruption demonstriert haben und auf einen wirklichen Wechsel gehofft haben, hat die neue Regierung zwei Milliardäre Oligarchen als Gouverneure für die östlichen Städte von Donetsk und Dnepropetrovsk ernannt, wovon einer der beiden seine Geschäfte aus der Schweiz führt. Währenddessen bereitet der IWF einen Sparplan für die strauchelnde ukrainische Wirtschaft vor, die nur die Armut und Arbeitslosigkeit anschwellen lassen wird. 

Aus der Langzeitperspektive ist die Krise in der Ukraine ein Produkt des desaströsen Zusammenbruchs der Sowjetunion nach Versailles`r Art in den frühen 1990er Jahren. Es ist wie in Jugoslawien; Menschen die zufrieden damit waren eine Minderheit in einem Multinationalen Staat zu sein - Russen in der Sowjet-Ukraine, Süd-Osseten in Sowjet-Georgien - änderten schnell ihre Meinung als diese Republiken Staaten wurden, für welche sie wenig übrig hatten.

Im Falle der Krim Halbinsel, welcher erst durch Nikita Chruschchev in den 1950er (1954) Jahren an die Ukraine übertragen wurde, stimmt das sowieso für die Mehrheit der Russen dort. Und entgegen der Unternehmungen der Zeit (nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion), haben die USA und ihre Alliierten unerbittlich die NATO bis an die Grenzen Russlands erweitert, indem sie neun ehemalige Warschauer Pakt Staaten und drei ehemalige Sowjetrepubliken in ein Gebilde eingegliedert haben, was effektiv eine anti-russische Militärallianz in Europa ist. Das europäische Assoziierungsabkommen, welches die Krise in Europa ausgelöst hat, beinhaltete ebenfalls Klauseln zur Integration der Ukraine in die europäische Verteidigungsstruktur. 

Die westliche Militärexpansion kam erst 2008 zum Stillstand, als der US-Klientenstaat Georgien russische Kräfte in dem umkämpften Gebiet von Süd-Ossetien angegriffen hat, und danach vertrieben wurde. Diese kurze aber blutige Konflikt signalisierte das Ende von George Bush`s unipolarer Welt, in welcher das US-Imperium ihren Willen ohne jegliche Gegenwehr auf jedem Kontinent durchsetzen konnte. 

Mit diesem Background kann es nicht überraschen das Russland so gehandelt hat, um die strategisch und neuralgisch wichtigere Ukraine ins westliche Camp fallen zu lassen, insbesondere deshalb da Russlands einziger Warmwasser-Stützpunkt sich auf der Krim befindet.

Natürlich ist Putins Begründung zur Intervention - "humanitärer" Schutz der Russen und das Appell des gestürzten Präsidenten - gesetzlich wie politisch wacklig, aber immer noch nichts im Vergleich zu den "Massenvernichtungswaffen". Noch kommt Putin`s konservativer Nationalismus und oligarchisches Regime international gut an. 

Aber Russlands Rolle als limitiertes Gegengewicht zur einseitigen westlichen Macht kommt auf jeden Fall gut an. Und in einer Welt wo die USA, Grossbritannien, Frankreich und deren Alliierten die internationale Gesetzlosigkeit in eine permanente Routine verwandelt haben, sind andere versucht das gleiche Spiel zu spielen.

Glücklicherweise sind die einzigen Schüsse die von russischen Kräften gefallen sind, nur in die Luft gewesen. Aber die Gefahren der Eskalation von ausländischem Eingriff sind offensichtlich. Was man anstatt dessen braucht ist eine verhandelte Beilegung (der Krise) in der Ukraine; einschliesslich einer breit ausgelegten Regierung in Kiev welche von den Faschisten gesäubert wurde;  eine föderale Verfassung die die regionale Autonomie garantiert, wirtschaftliche Unterstützung die die Mehrheit nicht verarmen lässt; und eine Chance für die Menschen auf der Krim ihre eigene Zukunft zu wählen. Alles andere riskiert die Ausweitung des Konflikts."


So bemerkenswert dieser Artikel für eine westliche Zeitung auch ist, die Europäische Union zeigt sich von der selbst ausgelösten Krise in der Ukraine wenig beeindruckt und bleibt dem eingeschlagenen Weg treu. Erst Gestern liess der Europäische Rat nach einem Treffen mit dem Wunschkandidaten von Victoria "Fuck the EU" Nuland "Jats" Jatsenjuk verlauten, dass das Assoziierungsabkommen bis spätestens Ende August 2014 unterzeichnet werden soll. Oder unterzeichnet werden muss?

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