Mittwoch, 24. Dezember 2014

Vielen Dank und ein frohes Fest

Gerne möchte ich mich bei euch allen, und natürlich euren Freunden und Familie, für eure Hilfe und Unterstützung dieses Jahr bedanken. Vieles wäre ohne euch nicht möglich gewesen und dafür bin ich zutiefst dankbar!

Ich wünsche euch allen ein schönes und besinnliches Weihnachtsfest!


Freitag, 19. Dezember 2014

EU schiesst sich selbst ab / Teil 1

Für Analysten gibt es dieses Jahr eine Menge zu tun. Teilweise überschlagen sich die Ereignisse so schnell, dass man mit der Erfassung der statistischen Daten gar nicht hinterherkommt da die Variablen sich ebenso schnell ändern. Es geht aber nicht nur unabhängigen Analysten so, laut Aussage meiner US-Quellen geht es Mitarbeitern des US-Aussenministeriums ganz genau so.

Der Punkt ist der: wir erleben eine Machtverschiebung gigantischen Ausmasses, die nicht nur für das amerikanische Volk Auswirkungen haben wird, sondern insbesondere für uns Europäer.

Bereits am 08.06.14 habe ich geschrieben, dass wir die Geburt einer neuen Weltordnung erleben. Und in dem halben Jahr seit diesem Artikel hat sich die Welt enorm schnell weitergedreht. Während wir uns über unerwartet tiefe Preise an der Zapfsäule freuen, scheint es fast so als ob sich der Grossteil der europäischen Bevölkerung nicht im Geringsten dafür interessiert, was tatsächlich um sie herum passiert und wie kritisch die Lage geworden ist. Gerade die Deutschen sollten sich im Klaren sein, dass ihre Regierung einen gefährlichen Kurswechsel vollzogen hat und nun mit aller Macht versucht den bis vor kurzem selbst geförderten Kurs aufzuhalten und in die andere Richtung zu steuern. Das wäre ungefähr so, wie wenn der Kapitän eines Supertankers plötzlich wenden möchte. Seine Aktion würde unweigerlich unglaubliche Kräfte entfesseln die auf seinen Supertanker einwirken, ohne genau zu wissen ob die Konstruktion diesen Kräften standhalten kann und ob die Aktion überhaupt zum gewünschten Ergebnis führen wird. So ähnlich verhält es sich mit der Regierung von Angela Merkel.

Als eines der mächtigsten Länder der Europäischen Union hat Deutschland auch eine besondere Verantwortung innerhalb dieser Union zu tragen. Diesen Ansatz konnte man in den letzten Jahren nur zum Teil erkennen, denn Berlin handelte nicht primär im Interesse dieser Europäischen Union, sondern so dass die eigenen Interessen nicht verletzt wurden. Es versteht sich von selbst dass diese Politik auf Kosten der schwächeren EU-Mitglieder geschah, insbesondere jenen Ländern die den Euro eingeführt haben. Dennoch verfolgte die EU den einzig richtigen, und meiner Meinung nach überlebenswichtigen Weg der wirtschaftlichen Integration Europas mit dem Eurasischen Kontinent. Es hätte eine win-win Situation für alle Beteiligten werden können, wenn man die Voraussetzung des gegenseitigen Respekts berücksichtigt und nicht versucht hätte, aus einer Position der Macht und Arroganz zu handeln. Erste Anzeichen dieser Tendenz konnte man in der EU selbst beobachten, wie etwa in Griechenland oder Zypern.

Irgendwo auf dem Weg zu dieser eurasischen Integration muss Brüssel den Kern der Botschaft aus den Augen verloren haben, die eine bessere Zukunft für alle Beteiligten versprach indem aber die kulturellen und politischen Realitäten der potentiell neuen Partner berücksichtigt werden sollten. Plötzlich reichte es nicht mehr aus nach kreativen Wegen einer Wirtschaftsunion oder ähnlichen Gebilden mit den Ländern Eurasiens zu suchen. Nein, stattdessen versuchte Brüssel sie mit "entweder oder" Politik zu ködern und als besonderes Geschenk die NATO-Mitgliedschaft (egal in welcher Form) in Aussicht zu stellen. 

Was für einen wirtschaftlichen Wert für die Europäischen Union stellen beispielsweise Länder wie Georgien oder Moldawien dar, abgesehen von möglichen künftigen Ölquellen in Georgien? Beide Länder zusammen erwirtschafteten 2013 einen BIP von 24.06 Milliarden US-Dollar, das ist fast zehn mal weniger als was der VW-Konzern im gleichen Jahr umgesetzt hat (197 Milliarden Euro!). Schaut man aber auf die Landkarte, dann fällt einem durchaus etwas auf was für Brüssel interessant sein könnte: die Lage am Schwarzen Meer.
Für die EU in Brüssel ist das nicht unbedingt so interessant, aber für die NATO dafür umso mehr.

Die Ukraine kann man nicht wirklich in die gleiche Kategorie wie Moldawien oder Georgien einordnen. Weder kann die Ukraine mit einer eigenen nationalen Geschichte wie etwa Georgien aufwarten, noch können Georgien und Moldawien mit der strategischen Wichtigkeit der Ukraine mithalten. Und doch gibt es Gemeinsamkeiten wie etwa der politische Ansatz der Europäischen Union gegenüber allen drei Ländern.

Bis vor ein paar Monaten noch war dieser politische Ansatz der EU alles andere als ein kohärentes Projekt. Man war sich uneinig darüber welcher Weg für diese "Erweiterung" in die Ukraine, Moldawien und Georgien der richtige ist. Einige euro-atlantisch zentrierten Länder wollten ohne übermässige Rücksicht auf den grössten EU-Partner Eurasiens - Russland - vorgehen, andere wiederum mit grösserem Interesse an dem eingeschlagenen Weg, darunter natürlich Deutschland, waren sich der russischen Sensibilitäten durchaus bewusst. Deshalb wurden diese Länder auch verachtlich "Gang of Five" von den Amerikanern genannt.

Als die sogenannten "Maidan"-Proteste in Kiev ausbrachen nachdem der damalige ukrainische Präsident Janukovitsch sich weigerte das Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterschreiben, versuchte Deutschland die Situation im Februar 2014 zu retten. Aussenminister Frank-Walter Steinmeier wurde nach Kiev entsandt um eine Lösung zu finden, was ihm schliesslich auch gelang und ein Vertrag mit Janukovitsch unterzeichnet wurde. Was in Berlin aber niemand ahnen konnte war der Entschluss Washington`s, die Regierung zu stürzen und bereits ausgewählte Marionetten einzusetzen. Ein friedlicher Übergang wie es Steinmeier ausgehandelt hatte, war in diesem US-Plan nicht vorgesehen.

             Vitali Klitschko und Viktor Janukovitsch schütteln sich nach der Vertragsunterzeichnung die Hände

Dieser deutsche Vorstoss sollte der letzte Versuch zur Rettung des von Deutschland angeführten Weges zur eurasischen Integration werden. Denn nach diesem Versuch des deutschen Aussenministers sollte sich die deutsche Haltung plötzlich ändern und der politische Kurs genau in die entgegengesetzte Richtung folgen. Warum und wie das geschah werden wir entweder nie, oder erst in vielen Jahren erfahren wenn die entsprechenden Dokumente freigegeben werden oder wenn WikiLeaks wieder ein Coup gelingt.

Ich habe dazu eine eigene Meinung die natürlich nur auf Vermutungen und Schlussfolgerungen beruht, und nicht beweisbar ist. Dennoch möchte ich diese Mutmassung in diesem Zusammenhang äussern, da es mir als sehr wichtig erscheint und vielleicht jemanden dazu anregt, diesen Gedanken weiter zu verfolgen.

Bei diesem Versuch von Frank-Walter Steinmeier einen friedlichen und ordentlichen Abgang des ukrainischen Präsidenten zu finden, waren drei weitere Personen involviert: unser Boxdarling Vladimir Klitschko, der französische Aussenminister Laurent Fabius, sowie der polnische Aussenminister Radoslaw Sikorski. 
Meine These ist, dass Steinmeier und Fabius verraten wurden. Beide gehörten jenen Ländern an die von Washington als "Gang of Five" bezeichnet wurden, weil sie gegen einen NATO-Beitritt - oder irgendeiner NATO-Involvierung - der Ukraine waren. Der deutsche NATO-Botschafter äusserte 2008 seine Bedenken mit der Frage, ob denn die Ukraine überhaupt die Sicherheit von Europa erhöhen würde, da seiner Meinung nach es unmöglich wäre in Europa Sicherheit ohne Russland zu haben, und richtiggehend dumm, es gegen Russland aufzunehmen.
Die obskurste Rolle spielte Vladimir Klitschko. Abgesehen davon dass er in der Ukraine eine untergeordnete Rolle in der Oppositionspolitik spielte, war Klitschko weder ein politisches Schwergewicht noch irgendjemand der wirklich was zu sagen hatte. Und dennoch sass er bei den Verhandlungen zwischen Steinmeier, seinen zwei weiteren Amtskollegen und dem ukrainischen Präsidenten mit am Tisch und sollte der ausgehandelten Übergangsregierung angehören, mit klaren Ambitionen selbst in den Präsidialpalast einzuziehen. Man weiss das Klitschko im Kontakt mit dem Kanzleramt und Washington stand, und zweifelsohne wurden seine Ambitionen von Berlin und Washington abgenickt. Wie wir aber aus dem abgefangenen Telefonat zwischen der neokonservativen Leiterin der Europa-Abteilung des US-Aussenministeriums Victoria Nuland wissen, befürwortete sie einen anderen Kandidaten als Klitschko. Aus dem gleichen Telefonat wissen wir auch, dass der amerikanische Botschafter Geoffrey R. Pyatt den Auftrag von Nuland erhielt, Klitschko über diese Entscheidung zu informieren und ihm seine Stellung zuzuweisen. Das alles geschah vor der Verhandlungsrunde mit Steinmeier und Janukovitsch, was bedeutet, dass Klitschko sehr wohl wusste was im Gange ist als er sich dieser Verhandlung anschloss. Denn nur kurz nach dem Massaker durch Scharfschützen in Kiev, das nur Stunden nach der Unterzeichnung und nachweislich nicht von Janukovitsch-treuen Regierungssoldaten verübt wurde, zog Klitschko seine Unterschrift von diesem Dokument zurück und erklärte es für ungültig.

Auch die polnische Rolle erscheint bestenfalls fragwürdig. Es ist kein Geheimnis dass Polen die Maidan-Demonstranten unterstützte um dann aktiv an der Absetzung des ukrainischen Präsidenten zu arbeiten. Das heisst während Steinmeier und Fabius daran interessiert waren eine friedliche Beilegung des Konflikts zu erreichen die für alle Parteien akzeptabel (auch für Russland) sein sollte, sollte der polnische Aussenminister Sikorski dafür Sorge tragen dass a) Janukovitsch abgesetzt wird und b) keine pro-russische Linie gefahren wird. In der Folge gerieten sich Berlin und Warschau in die Haare, weil Warschau darauf drängte zusammen mit den Amerikanern einen aggressiven Weg gegenüber Russland einzuschlagen, während Berlin darauf bestand dass das NATO-Russland Abkommen von 1997 gewürdigt wird (keine "substantiellen NATO-Kampftruppen in Ost- und Zentraleuropa). Das es zu Unstimmigkeiten über den richtigen Ansatz zwischen Berlin und Warschau kam, zeigte sich zum Beispiel daran, dass Polen nicht zu den Ukraine-Gesprächen im Juli und August eingeladen wurde, die zu allem Überfluss noch in Berlin stattfanden. Der ehemalige polnische Ministerpräsident Leszek Miller kritisierte diesen ungewöhnlichen kriegerischen Kurs der Regierung von Donald Tusk scharf, und empfahl zur Rolle "der Friedensstifter zurückzukehren und nicht als Konfliktpartei" agieren.
Es ist aber auch kein Zufall, dass US-Präsident Barack Obama den "European Reassurance Fund" (Europäischer Rückversicherungsfonds, um Russland einzuschüchtern) in Warschau vorstellte und nicht in Berlin, und das vor einer eindeutigen Drohkulisse mit US-Kampfjets im Hintergrund.

                                                       Barack Obama und Donald Tusk in Warschau

Deutschland vollzieht Kurswechsel und "übernimmt" die EU-Führung
In einem Artikel des einflussreichen europäischen Think Tank`s European Council on Foreign Relations steht bezüglich Deutschland`s Ukraine Politik folgendes geschrieben:
"Berlin ist sich auch bewusst das sollte der Konflikt eskalieren, Deutschlands Rolle als Mediator stillgelegt wird und Berlin eine Seite wählen muss. Die deutsche Regierung möchte das (fast) um jeden Preis verhindern. Aber es ist genau das was sehr wahrscheinlich passieren wird. Angesichts der innenpolitischen Dynamik in der Ukraine und Russland, ist es unwahrscheinlich das eine Seite nachgibt, weil nachgeben nur zu einer Nullsummen Lösung in den rebellerienden Regionen führen würde. Diese Weigerung sich zu beugen könnte zu offenem Krieg führen und die Konsequenzen für Deutschland und die EU wären unvorhersehbar."
 Genau das ist es was auch passiert ist und einzig und allein den politischen Richtungswechsel von Angela Merkel erklären kann. Deutschland hat sich für eine Seite entschieden, und zwar für die Vereinigten Staaten von Amerika.

Das bedeutet ganz und gar nicht dass sich Deutschland zu einem amerikanischen Vasallenstaat degradiert hat, ganz im Gegenteil. Deutschland hat sich unter Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Führungsnation der Europäischen Union entwickelt. Jetzt werden bestimmt einige Kritiker anmerken dass das doch keine Neuigkeit ist, dass Deutschland doch schon lange das "Powerhouse" der EU ist und über enormen Einfluss in Brüssel verfügt. Natürlich stimmt das, aber aussenpolitisch verfolgte Deutschland eine reine nationale Aussenpolitik. Indem sich Merkel aber entschieden hat auf Konfrontation mit Russland zu setzen, weil sie offiziell zum Entschluss gekommen ist dass man dem russischen Präsidenten Vladimir Putin nicht trauen kann und ihm "Expansionsbestrebungen" vorwirft, hat sie das Ruder der europäischen Aussenpolitik übernommen. Sanktionen gegen Russland? Kein Problem, geschadet hat es bisher deutlich mehr den osteuropäischen Ländern die traditionell eine starke wirtschaftliche Bindung an Russland hatten, als es die deutsche Wirtschaft getroffen hat. Waffenlieferungen an Kriegsparteien? Seit kurzem kein Problem. Berlin liefert Waffen an irakische Kurden "für den Kampf gegen ISIS" und obwohl es im Sommer noch hiess, dass Deutschland nach dem verheerendem Gaza Überfall keine Waffen mehr an Israel liefern wird, baut man nun doch 4 Kriegsschiffe für 1 Milliarde Euro für Israel. Weil die Exporte nicht so laufen wie sie sollen heisst es, und zudem dürfen sich die deutschen Steuerzahler wieder an einem Teil der Kosten beteiligen.  Griechenland wieder pleite? Merkel will aber dass Griechenland nicht aus der Union aussteigt oder den Euro abgibt. Warum nicht? Weil es genau den Motor des deutschen "Powerhouses" treffen und eine Signalwirkung an andere "Problemländer" senden würde. Deutschland braucht den Euro und die billigen Arbeitskräfte, um die eigene Exportwirtschaft auf Kosten der anderen Länder auf Kurs zu halten, andernfalls gäbe es hier ziemlich schnell ähnliche Probleme wie in den Nachbarländern.

Indem Angela Merkel die eurasische Integration für beendet erklärt hat, muss sie sich zwangsweise nach Alternativen umsehen. Aus diesem Grund drängt die Kanzlerin auch so stark zur raschen Annahme des Transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP. Deutschland will sich wirtschaftlich und militärisch mit den USA verbünden und die Bedenken für Kriegseinsätze der Deutschen Bundeswehr, die das Leitmotiv der Bundesrepublik Deutschland seit ihrer Gründung war, über Bord werfen. Bundespräsident Joachim Gauck hat selbst gesagt, dass "die Zurückhaltung die in den letzten Jahrzehnten geboten war, vielleicht zugunsten einer grösseren Wahrnehmung der Verantwortung abgelegt werden sollte". Es wäre deshalb auch erforderlich "zu den Waffen zu greifen". Bei einer anderen Gelegenheit erklärte Gauck, dass Deutschland "aufgrund der neuen Umstände Politik, Wirtschaft und Verteidigungsbereitschaft anpassen wird". Diese Entwicklung spielt US-Senatoren wie Bob Corker in die Hände, die einen Gesetzesentwurf (Bill 2277) vorbereitet haben, der die Gründung einer United States - German Global and European Security Working Group vorsieht, so dass beide Regierungen "eng zusammen arbeiten" angesichts der "Entwicklung in Europa und Eurasien". In der Tat wird es von den Falken der Vereinigten Staaten geradezu erwartet, dass Deutschland eine aktivere und vor allen Dingen aggressivere Rolle gegenüber der "russischen Bedrohung" übernimmt, um endlich "so zu handeln wie es ein Anführer der NATO tun sollte".
Das ist nichts weiter als ein Rezept für ein Desaster für Europa, welches tatsächlich unvorhersehbare Konsequenzen nach sich ziehen wird wie es das European Council on Foreign Relations festgestellt hat.
 
Man muss kein Fan von der Franktionsvize der Linken Sahra Wagenknecht sein, um die Worte die sie bei der Haushaltsdebatte im Bundestag letzten Monat gegen die Bundeskanzlerin gerichtet hat als das anzuerkennen was sie waren: eine Warnung gegen ihren gefährlichen Richtungswechsel. Aber schauen wir mal kurz in die Rede von Sahra Wagenknecht und beurteilen sie selbst:

"Frau Merkel, jetzt haben Sie Deutschland in die Neuauflage eines Kalten Krieges mit Russland hineingetrieben, der das politische Klima vergiftet und den Frieden in ganz Europa gefährdet. Sie haben einen sinnlosen Wirtschaftskrieg angezettelt, der vor allem der deutschen und europäischen Wirtschaft massiv schadet. ... Sie warnen vor einem Flächenbrand, Frau Merkel. Aber Sie gehören doch zu denen, die mit brennendem Zündholz herumlaufen. "Verbale Aufrüstung war noch immer der Anfang von Schlimmerem." Das hat Ihnen Hans-Dietrich Genscher nach Ihrer Rede in Sydney zugerufen. Nein, man muss Putin wirklich nicht mögen. Man muss auch den russischen Kapitalismus mit seinen Oligarchen nicht mögen. Aber Diplomatie heisst, die Interessen des Gegenübers ernst zu nehmen und sich nicht ignorant über sie hinwegzusetzen. Es fällt schon auf, dass Helmut Kohl und Michail Gorbatschow nahezu wortgleich warnen, dass ohne eine deutsch-russische Partnerschaft keine Stabilität und keine Sicherheit in Europa möglich ist. ... Statt auf Verstehen setzen Sie offenbar lieber auf Unverstand. In der Ukraine kooperieren Sie mit einem Regime, in dem wichtige Funktionen des Polizei- und Sicherheitsapparetes mit ausgewiesenen Nazis besetzt werden. Der Präsident Poroschenko redet vom totalen Krieg und hat den Krankenhäusern und Rentnern in der Ostukraine alle Zahlungen abgeklemmt. Für Premier Jazenjuk sind die Aufständischen - ich zitiere - "Unmenschen, die es auszulöschen gilt." Statt sich mit solchen Hasardeuren zu verbünden, brauchen wir endlich wieder eine deutsche Aussenpolitik, der Sicherheit und Frieden in Europa wichtiger sind als Anweisungen aus Washington."
 Ukraine bereitet sich auf totalen Krieg vor
Man muss einfach auf diesen Punkt zu sprechen kommen um den Wahnsinn besser verstehen zu können, der sich vor uns wie ein steigender Wasserpegel ausbreitet und zu überschwemmen droht. Frau Wagenknecht hat es in ihrer Rede auf den Punkt gebracht: Deutschland kooperiert mit einem Regime das mit ausgewiesenen Nazis besetzt ist. Präsident Petro Poroschenko`s Aussage des "totalen Krieges" - übrigens ein Ausdruck der u.a. von Joseph Goebbels verwendet wurde - ist keine leere Phrase oder Propagandataktik.

Am 11. Dezember wurde das Reformprogramm 2020 von Poroschenko mit 269 von 450 Stimmen vom Parlament angenommen, welches die Ukraine zu einem "Militärstaat" transformieren soll. Desweiteren wurde damit der Weg freigemacht um Ukraine zu einem NATO-Mitglied zu machen und den bisherigen Blockfreien Status abzulegen. Allein für nächstes Jahr sollen die Militärausgaben gegenüber 2014 mehr als verdoppelt werden, und das obwohl der neue Wirtschaftsminister Aivaras Abromavicius erst kürzlich gesagt hat, dass "der Staat im Grossen und Ganzen bankrott ist".
Wer bezahlt also diesen bankrotten Staat, der sich zu einem "Militärstaat" reformieren will und die ganze Wirtschaftsleistung zugunsten des Militärs umgelegt hat? Nicht nur das Budget soll auf 2015 verdoppelt werden, sondern auch die Anzahl von Soldaten soll von 132`000 Mann auf 250`000 Mann steigen, kündigte Verteidigungsminister Stepan Poltorak an. Fast gleichzeitig wurde bekannt, dass das Regime in der Nähe von Dnipropetrovsk 80 Hektar Land sucht, um Massengräber für 250`000 gefallene Soldaten auszuheben. Dass das Regime bei Dnipropetrovsk so ein riesiges Massengrab ausheben möchte ist kein Zufall, hier verläuft die Trennlinie zwischen West- und Ostukraine. Und sollte es zu einem totalen Krieg kommen wie Poroschenko sagt, dann wird es hier die meisten Opfer geben.


Die EU hat aber weder das Geld noch ein Interesse diesen ukrainischen "Militärstaat" zu finanzieren, und der Internationale Währungsfonds ist sich seiner Sache mit der Ukraine auch nicht mehr so sicher. Bliebe nur noch die USA übrig, die sich als einziges Land etwas von der Ukraine verspricht.

Nicht nur dass Washington eine Marionettenregierung in Kiev installiert hat deren Günstlinge schon seit einigen Jahren vom amerikanischen Konsulat in Kiev hofiert werden, nun sitzt Washington praktisch mit drei eigenen Leuten direkt mit in der Regierung in Kiev.
Die Amerikanerin Natalie Jaresko wurde Finanzministerin, der litauische Investmentbanker Aivaras Abromavicius mit allerbesten Kontakten zur Wall Street wurde Wirtschaftsminister, und der Georgier Aleksandr Kvitashvili Gesundheitsminister. Alle drei erhielten kurz vor der Vereidigung die ukrainische Staatsbürgerschaft, um verfassungskonform ihrer neuen Aufgabe nachgehen zu können.

Jaresko arbeitete zuerst im US-Aussenministerium bevor sie nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nach Kiev ging um dort für drei Jahre in der US-Botschaft tätig zu werden. Anschliessend wurde sie mit Hilfe des vom amerikanischen Steuerzahler finanzierten USAID selbst zur Privat Equity Unternehmerin, als sie ein "Startkapital" über 150 Millionen US-Dollar erhielt um in der Ukraine und Moldawien in kleine bis mittelgrosse Unternehmen zu finanzieren.
Abromavisius` Rolle als Wirtschaftsminister wird sein, dafür Sorge zu tragen dass amerikanische Grosskonzerne wie Monsanto oder John Deere in der Ukraine die am Hungertuch leidende Bevölkerung weiter ausnutzen, indem amerikanische Werke aufgebaut werden und deren Produkte dann dank des Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union ohne Probleme in die EU eingeführt werden können. Es reicht nur einen Blick auf den Exekutivrat des U.S.-Ukraine Business Council mit Sitz in Washington zu werfen, um zu verstehen wohin die Reise unter dem Litauer in der neuen ukrainischen "Regierung" gehen wird.
Kvitashvili war bereits von 2008 - 2010 Gesundheitsminister in Georgien unter einer weiteren Marionettenregierung der USA, jener von Mikhail Saakashvili. Er wird vermutlich schon über die notwendige Expertise verfügen um dieses Amt auch in der Ukraine auszuüben, aber er weiss auch was von einer Marionettenregierung erwartet wird wie der US-Israelisch gesponserte georgische Überfall 2008 auf Süd-Ossetien gezeigt hat (für alle die nach wie vor denken dass es eine "russische Aggression" war bzw. es heute so mit Blick auf die Ukraine behauptet wird, sollen das Ergebnis der Untersuchungskommission des EU-Rates durchlesen: der Aggressor war eindeutig Georgien!). 

So hart und brutal das jetzt auch klingen mag, zur Erfüllung dieser amerikanischen Interessen in der Ukraine ist eine latente Krisensituation erwünscht und auch förderlich, denn zur Ausbeutung der ukrainischen Bevölkerung brauchen diese Konzerne genau die restriktiven Sparmassnahmen sowie eine Wirtschaft die am Boden liegt, um sich billigste Arbeitskräfte sowie Konzessionen zum Abbau von Rohmaterial zu sichern. Hier verlaufen die Interessen der US-Wirtschaft und US-Politik parallel zueinander. Die vom US-Kongress verabschiedete Resolution 758 ist zwar kein bindendes Gesetz, aber dennoch wird es als eine Art Kriegserklärung an Russland gewertet. Grund dafür sind die Behauptungen und Propaganda der letzten Wochen und Monate die nie bewiesen bzw. immer als Falschmeldungen entlarvt wurden, nun aber vom Kongress als Tatsachen anerkannt wurden und somit entsprechend in der weiteren Planung des Weissen Hauses berücksichtigt werden müssen (in dieser Resolution wird zum Beispiel auch festgehalten dass Russland der Aggressor im 2008 Krieg mit Georgien war, obwohl wie weiter oben schon genannt eine EU-Untersuchungskommission genau zu einem gegenteiligen Ergebnis gekommen ist). Zudem wird Russland in dieser Resolution aufgefordert, die Militärhilfen für den syrischen Präsidenten Assad einzustellen sowie sich von den russischen Enklaven von Süd-Ossetien und Abchasien zurückzuziehen. Desweiteren plant Barack Obama den Ukraine Freedom Support Act 2014 zu unterzeichnen, der weitere Sanktionen gegen Russland und Geld sowie Kriegsgerät für die Ukraine vorsieht. Interessanterweise haben es Elemente aus der Resolution 758 in diesen Ukraine Gesetzesentwurf geschafft, wie etwa die Aufforderung zur Aufgabe der militärischen Ausrüstung von Syrien durch Russland, oder die unbewiesenen Vorwürfe sowie die gesetzliche Verankerung der "nuklearen Bedrohung für die Vereinigten Staaten durch Russland". Desweiteren soll der staatliche Gazprom Konzern sanktioniert werden, wenn er Gaslieferungen an NATO-Länder sowie der Ukraine, Moldawien und Georgien aussetzt. Das bedeutet wenn das Regime in Kiev wieder mal die Gasrechnung nicht bezahlen will und Gazprom den Hahn zudreht, wird es automatisch zu amerikanischen Sanktionen führen. Die Belieferung der Ukraine mit Kriegsmaterial läuft nicht erst seit der Verabschiedung dieses Gesetzes, sondern schon seit mindestens Mitte September. Es soll jetzt nur legalisiert werden was schon seit einiger Zeit im Geheimen gemacht wird. Aber es ist alles Beteiligten klar, dass diese Forderungen völliger Unsinn sind die Russland mit Sicherheit weder beachten noch einhalten wird. Wenn man so will sind es legalisierte Fallen um schliesslich der Welt glaubhaft versichern zu können, dass sich Russland nicht an Resolutionen oder Gesetze hält und deshalb weitere Konsequenzen zu befürchten hat.

Am 3. März diesen Jahres habe ich geschrieben, dass es in der Geschichte immer wieder bankrotte Staaten gab die Krieg führten, um sich hinterher wieder sanieren zu können. Weiter schrieb ich:
"Die Frage würde dann sein: würden sich die USA und die EU daran beteiligen? Heute würde ich diese Frage mit Nein beantworten. ... Insbesondere im Falle Deutschlands kann man sich schlicht und ergreifend nicht vorstellen, dass Berlin einen Krieg einer mit Nazis besetzten Regierung unterstützen würde."
 Leider muss ich meine Einschätzung revidieren. Ich gehöre sicher nicht zu der Kategorie Panikmacher, aber das was in den letzten 9 Monaten seit diesem Artikel alles passiert ist und insbesondere die politische Entwicklung in Washington und Berlin, hat in der Tat die Wahrscheinlichkeit vor unvorhersehbaren Ereignissen in Europa drastisch erhöht. Der totale Krieg wie ihn Petro Poroschenko formuliert hat und sein Land ganz offensichtlich darauf vorbereitet, ist alles andere illusorisch. Vor allen Dingen ist die Tatsache äusserst verstörend, wie Gesetzesentwürfe von solcher enormer Tragweite wie den Ukraine Freedom Support Act 2014 ohne jegliche Debatte - ohne dass überhaupt einer der Abgeordneten durchgelesen hat worum es eigentlich geht wie der ehemalige Kongressabgeordnete Dennis Kuchinich dokumentiert hat - durch den Kongress gebracht werden, so dass sich unweigerlich Vergleiche mit dem Buch Die Schlafwandler - Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog von Christopher Clark aufdrängen.

Zu dem Zeitpunkt als der Gesetzesentwurf 5899 zur Ukraine dem Kongress zur Vorlage und Abstimmung abgegeben wurde, befand sich so gut wie kein Abgeordneter mehr auf seinem Platz wie Dennis Kuchinich dokumentiert hat



Donnerstag, 11. Dezember 2014

Tod von palästinensischem Minister: Wo bleibt die weltweite Verurteilung?

Ziad Abu Ein, Minister für die illegalen Siedlungsangelegenheiten der Palästinensischen Regierung, bezahlte Gestern (10.12.14) den höchsten Preis für seinen Einsatz gegen die illegalen Siedlungen in Palästina. Etwa 150 Menschen, darunter Bauern aus dem Dorf Turmus Aya und Friedensaktivisten aus aller Welt, wollten den "Internationalen Tag der Menschenrechte" nutzen, um auf ihre Felder ausserhalb des Dorfes zu gelangen. Der Grund weshalb Ziad Abu Ein in seiner Position als Minister für die illegalen israelischen Siedlungen an diesem Marsch teilnehmen wollte, war die Angst der Bauern vor den gewalttätigen israelischen Siedlern die die illegale Siedlung Adei Ad (hier der Link zu einer Studie zu genau dieser illegalen Siedlung, wie sie von der israelischen Regierung gezielt eingesetzt werden um palästinensisches Land zu enteignen) zwischen den Feldern der Bauern aus Turmus Aya und dem Dorf selbst errichtet haben, und von dort immer wieder Bauern angegriffen haben die ihre Felder bestellen wollten. Mit nichts weiter als Fahnen und jungen Olivenbaumsetzlingen ausgestattet, setzte sich die Gruppe in Richtung der Felder in Bewegung. Es sollte der letzte Marsch von Minister Ziad Abu Ein in seinem Leben werden.

 Noch bevor sie die Felder erreichen konnten, stand bereits das israelische Militär vor der illegalen Siedlung Adei Ad und schoss israelischen Augenzeugenberichten zufolge sofort Blendgranaten und Tränengas auf die Palästinenser, um sie zur Rückkehr zu zwingen. Nachdem sie sich aber davon nicht einschüchtern liessen und vor den israelischen Soldaten standen, forderte die Gruppe die Soldaten auf den Weg freizumachen und sie zu ihren eigenen Feldern durchzulassen. Man sieht auf einem Video wie ein alter Mann einfach versucht durch den Ring der Soldaten durchzulaufen, und wie er dann brutal auf den Boden geschmissen wird. Als sich dieser wieder aufrappelte, nahm er seine Fahne vom Boden auf und schlug damit auf die Soldaten ein.

Daraufhin mischte sich Minister Ziad Abu Ein und diskutierte mit den Soldaten. Offensichtlich muss das Gesagte nicht gut bei den Soldaten angekommen sein, denn einer aus der für ihre ausserordentliche Brutalität (so brutal dass es sogar einen Eintrag bei Wikipedia darüber gibt) gefürchteten Border Patrol Einheit (Grenzpolizei) griff Abu Ein an den Hals und würgte ihn für einen Moment. Zuvor muss ein anderer Soldat gemäss Aussage eines AFP-Photografen mit seinem Gewehrkolben gegen die Brust des Ministers geschlagen haben.


Kurz bevor Ziad Abu Ein bewusstlos zusammensackte, gab er einem TV-Sender ein Interview über die gerade erlebten Szenen. Man kann gut erkennen dass er grosse Mühe hatte zu sprechen und zu atmen, so als ob er noch die letzten Sätze unbedingt loswerden wollte:
"Das ist der Terrorismus der Besatzung, das ist eine terroristische Armee die ihren Terror am palästinensischen Volk ausübt. Wir sind gekommen um Bäume auf palästinensischem Land zu pflanzen und sie griffen uns vom ersten Moment an. Niemand hat auch nur einen einzigen Stein geworfen."
Abgesehen davon dass der Mann der Border Patrol der den Minister gewürgt hat kein unbeschriebenes Blatt ist, stellt sich schon die Frage was eine Einheit der Grenzpolizei mitten im palästinensischen Gebiet zu suchen hat, wo es weit und breit keine Grenzen gibt. Der einzige Grund ist der, dass sie noch rücksichtsloser gegen die wehrlosen Menschen vorgehen als es die Soldaten der IDF (Israel Defence Force) tun, die immerhin zumindest auf dem Papier genaue Verhaltensregeln für die Ausführung ihrer Besatzungstätigkeit haben.

                             Karte von Google Maps zeigt das Dorf Turmus Aya mitten im palästinensischen Gebiet

Aufgrund der Tatsache dass dieser Vorfall ein Todesopfer zur Folge hatte welchen nicht einmal Israel einfach so unter den Teppich kehren kann, gab das israelische Militär eine Erklärung aus wo man die "Umstände" die zum Tod von Ziad Abu Ein geführt haben untersuchen möchte.

Interessant dabei ist wie die israelische Armee die Gruppe von unbewaffneten Bauern und Friedensaktivisten bezeichnet hat: als Randalierer!

Damit soll der Eindruck erweckt werden, dass sich die Soldaten der Situation entsprechend verhalten haben und nur zum Schutz des eigenen Wohlergehens zu drastischeren Mitteln wie Tränengas, Blendgranaten oder direkte Gewaltanwendung greifen musste.
Auch wenn man angesichts der Videoaufnahmen eindeutig sehen kann dass die Palästinenser mit nichts anderem als Fahnen und Olivenbäumchen ausgestattet waren, müsste man der Meinung sein dass der Versuch der Realitätsverdrehung zum Scheitern verurteilt ist.

Verfolgt man aber die deutschsprachige Berichterstattung, halten sich die Medien an die Version der Presseerklärung der israelischen Armee. Bei der Tagesschau liest man bloss von einer "Konfrontation" und dass Abu Ein Tränengas eingeatmet haben soll. Kein Wort von der Würgeattacke des "Grenzpolizisten".
Auch Spiegel Online berichtet lediglich von einem "Konflikt mit israelischen Soldaten" und von einer "Auseinandersetzung", kein Wort von der Würgerei oder was da genau passiert ist.
Deutsche Welle spricht sogar von "Ausschreitungen".
Einzig Focus Online wagte es etwas mehr Licht ins Dunkel zu bringen und berichtete über die Würgeattacke und etwas mehr über die Umstände.

Man merkt also schnell wie die Tatsachen verdreht werden und das Narrativ des gewalttätigen Palästinensers genährt werden soll, indem die wichtigsten Details ausgelassen werden und es darstellt, als ob er schon fast selbst schuld an seinem Tod ist wenn er an "Ausschreitungen" und "Auseinandersetzungen" mit der israelischen Armee teilnimmt.

Entsprechend ist die internationale Reaktion äusserst lau ausgefallen. Aus Brüssel hiess es, dass "die Berichte über exzessive Gewaltanwendung durch israelische Sicherheitskräfte äusserst besorgniserregend" wären, und eine "unabhängige Untersuchung" zum Tod des Ministers stattfinden soll.  Aus Berlin stammt wohl die zynischste Erklärung:
"Der tragische Tod von Ziad Abu ein im Westjordanland ist ein neuer Tiefpunkt in den seit Wochen anhaltenden Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern. Es ist jetzt wichtig, dass die Umstände seines Todes schnell, umfassend und für alle nachvollziehbar aufgeklärt werden. Sollten sich Hinweise auf Fehlverhalten ergeben, müssen hieraus Konsequenzen gezogen werden."
Hinweise auf Fehlverhalten? Konsequenzen gezogen werden? Wie hätte man in Berlin, oder auch in Washington, London, Paris oder Brüssel reagiert, wenn sich genau der selbe Vorfall in Israel ereignet hätte und ein israelischer Minister auf diese Weise gestorben wäre? Hätte man dann auch lediglich Konsequenzen gefordert, aber selbstverständlich erst nachdem es Hinweise auf Fehlverhalten gegeben hat? Ich glaube nicht.

Dienstag, 9. Dezember 2014

"Unterstützung für Israel ist Deutschland`s Zweck als Staat"

Vor ziemlich genau einem Monat kam es in Berlin zu einem hervorragenden und sehr gut dokumentierten Beispiel des massiven Einflusses der sogenannten Israel-Lobby - zutreffender wäre zionistische Lobby - in der deutschen Politik. Als der jüdisch-amerikanische Journalist Max Blumenthal und der israelische Dokumentarfilmer David Sheen auf der Volksbühne ihre Erfahrungen über den Gaza-Krieg im Sommer 2014 sowie über den offenen Rassismus in Israel dem interessierten Publikum mitteilen wollten, wurden parteiübergreifend die deutschen Politiker aktiv um auf Geheiss Israel`s diesen geplanten Auftritt zu vereiteln. Volker Beck von den Grünen und Petra Pau der Linken, sowie Reinhold Robbe in seiner Funktion als Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft gelang es im ersten Moment auch tatsächlich die Volksbühne dazu zu bringen, das gebuchte Theater für diesen Auftritt nicht mehr zur Verfügung zu stellen. Anschliessend gesellte sich ihnen auch Gregor Gysi dazu und sollte im Bundestag dafür sorgen, dass die Herren Blumenthal und Sheen keine Möglichkeit erhalten ihren Vortrag zu halten.

Volker Beck, der sich für Menschenrechte einsetzt, trifft sich mit AJC-Vertreter, einer amerikanischen Israel Lobbyistin, die sich für Israels rechtsgerichtete Politik einsetzt und auf Menschenrechte keine Rücksicht nimmt

Nachdem sich dann auch noch die Medien, und am lautesten unter ihnen die Blätter des Axel Springer Verlags, auf diese Story stürzten und die beiden Besucher in Deutschland aufs übelste beschimpften, ohne sie aber zu Wort gekommen lassen haben, möchte ich hier die Stellungnahme von Max Blumenthal zu diesem Vorfall übersetzen. Auf der Internetseite der Organisation Jews for Justice for Palestinians (Juden für Gerechtigkeit für die Palästinenser) erschien seine Stellungnahme mit dem Titel "Supporting Israel is Germany`s Purpose as State" (Unterstützung für Israel ist Deutschland`s Zweck als Staat):

Gregor Gysi, Vorsitzender der Partei der Linken, positionierte die Partei um Antiimperialismus und Antizionismus abzulehnen, sowie Solidarität mit Israel als Deutschland`s Existenzgrund zu verankern.

"Warum ich zensiert wurde um in Deutschland über Israel zu sprechen (von Max Blumenthal)
Ich kam in Deutschland an nachdem ich formell von Mitgliedern einer politischen Partei eingeladen wurde um über meine Reportage über den Gaza Krieg zu sprechen. Ich verliess das Land gebrandmarkt als Antisemit und verrückter Säufer. Mit maschinenartiger Effizienz bezeichneten mich und meinen jüdischen Kollegen David Sheen die deutsche Medien als gewalttätige Judenhasser, nie von dem Skript abrückend die ein seltsamer, amerikanischer Neokonservativer für sie geschrieben hat der für eine Organisation arbeitet, die von dem rechtsgerichteten Casino Mogul Sheldon Adelson subventioniert wird, noch machten sie sich die Mühe uns nach einem Kommentar zu fragen. Als Antisemiten verleumdet, versuchten wir den linken Politiker zu treffen der sich gezwungen fühlte, die Kampagne zur Unterdrückung unserer Rede zu organisieren: der Vorsitzende der Partei der Linken Gregor Gysi.

Als Gregor Gysi sich weigerte mit uns zu sprechen, folgten wir ihm als er aus seinem Büro ran. Der per Video festgehaltene Zwischenfalls endete vor einer Tür die sich als Badezimmer herausstellte, was einen Skandal auslöste und als "Toilettengate" bekannt wurde. Wir haben die ungeschriebenen Gesetze einer unnachgiebigen politischen Kultur gebrochen, wonach Konflikte normalerweise die Form einer sorgfältig zusammengesetzter Erklärung annehmen und durch die richtigen bürokratischen Kanäle geliefert werden. Damit lösten wir die Entrüstung in Deutschland aus, von links nach rechts flink manipuliert durch einen neokonservativen Trick.

Gemäss dem rechten Boulevardblatt "Die Bild", waren Sheen und ich "irre Israel Hasser" die "Gysi gejagt" haben. Verschiedene Experten im deutschen Rundfunk erklärten dass ich "bekannt wäre für die antisemitische Denkweise". Und der Präsident des Bundestages stellte den Antrag uns bis zum Lebensende ein Hausverbot zu erteilen. Als der Wahnsinn eskalierte, gaben die drei Bundestagsabgeordnete der Linken die uns zu Gysi`s Büro geführt haben - Inge Höger, Annette Groth und Heike Hänsel - Gysi eine erbärmliche öffentliche Entschuldigung. 

Das Gewinsel unserer Gastgeber diente nur dazu dass ihre Feinde angestachelt wurden. Mehr als 1000 Mitglieder der Linken aus dem Flügel der "Reformisten" haben eine Petition unterschrieben den drei Bundestagsabgeordneten das Mandat zu entziehen. Mit dem Titel "Ihr sprecht nicht für uns" eröffnete das Manifest mit einem Auszug aus einer Bundestagsrede von 2008 des ehemaligen israelischen Präsidenten Shimon Peres, wo er Iran mit Nazi Deutschland verglich und mit der Bekräftigung der besonderen Beziehung zu Israel endete, (sozusagen) als Wiedergutmachung für den Holocaust.

Spiegel-Kolumnistin Sibylle Berg schloss sich dem Sturm mit einem rüden Stück von sexistischem Psychogeschwafel an, indem sie Groth und Höger beschuldigte ihre sexuelle Begierde für palästinensische Militante in antizionistischen Aktivismus zu sublimieren. Im Tagesspiegel nannte uns der Linke Bundestagsabgeordnete Michael Leutert "antisemitischen Mob". Und in Der Zeit, einem anderen Mainstream Blatt, bezeichnete Elisabeth Niejahr Groth und Höger als "Holocaust Relativisten". Sie hatte keine Beweise, aber in der deutschen politischen Kultur sind auch keine notwendig. Entweder du bist all-in mit Israel`s Politik, oder du bist ein all-out Antisemit. 

Der Sturm der Entrüstung der sich durch unsere Präsenz in Berlin erhob, war die Kulmination des langjährigen und mörderischen Konflikts der Linken Partei über Israel-Palästina. Seit sie als Deutschlands führende linke Oppositionspartei in Erscheinung trat, präsidierten die Führer der Linken Partei über einen grossflächigen Angriff auf die wenigen Parteimitglieder, die Deutschlands unkritische besondere Beziehung zu Israel ablehnen. Hinter der Attacke steckt eine Gruppe von vermeintlich linksgerichteten Intellektuellen die sich mit finanziell sehr gut ausgestatteten Neokonservativen verbündet haben. Die effektivste Waffe dieser von dieser links-rechts Allianz in einer von der Holocaust Schuld aufgebrauchten Gesellschaft, ist was einige Deutsche als "Antisemitismuskeule" oder als "Antisemitismusklub" angefangen haben zu bezeichnen.

Anschwärzung und Unterdrückung
Die Story über mein und David Sheen`s Abenteuer als "Antisemiten" begann sogar vor unserer Ankunft in Berlin. Ich habe über den Gaza Krieg berichtet (Anm. war während des des israelischen Bombardements im Gaza Streifen) und habe über meine Reportage in ganz Europa gesprochen, oft als geladener Gast von Parlamentsmitgliedern: in London im House of Commons, in Brüssel vor dem Europa Parlament, in Oslo auf Einladung der Linkssozialistischen Partei, und in Kopenhagen wo ich von einem Parlamentsmitglied vorgestellt wurde. Sheen hat mit der Reportage über die staatliche Diskriminierung in Israel gegen Palästinenser und afrikanische Migranten, sowie der Angriffe auf sie aus dem rechten Lager, Lob geerntet. Zusammen haben wir eine original Dokumentation über den Rassismus gegen nicht-jüdische Flüchtlinge aus Afrika produziert, welche über eine Million mal auf YouTube angeschaut wurde. 


Benjamin Weinthal von der Foundation for the Defence of Democracies, einem neokonservativen Think Tank aus Washington, und Europa Korrespondent für die Jerusalem Post in Berlin.

Als wir uns für unsere Flüge vorbereiteten, wurden wir von einem Artikel eines neokonservativen Autors mit dem Namen Benjamin Weinthal vom 6. November in der Berliner Morgenpost begrüsst, wo er die Stornierung unserer geplanten Diskussion im Bundestag ankündigte. Der Vorsitzende der Partei Die Linke, Gregor Gysi, übernahm die Verantwortung für den Abbruch der Diskussion, während Volker Beck von der Grünen Partei und Vorsitzender des Deutschland-Israel Komitees seine Meinung dem Autor übermittelte, dass meine Arbeit "konsequent antisemitisch" sei. Weinthal beschuldigte mich für seinen Teil für "den öffentlichen Missbrauch der Juden". 

Am nächsten Tag veröffentlichte Beck einen von der Vizepräsidentin des Bundestags Petra Pau (eine Schlüsselfigur für die Israel Lobby in der Partei der Linke) und von Reinhold Robbe, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, unterzeichneten Brief, mit welchem die Stornierung unseres Anlasses auf der Volksbühne in Berlin gefordert wurde. In dem Brief wurde behauptet, dass unser Anlass der "Promotion von antisemitischem Vorurteil durch den Vergleich des Nazi Terrors mit der Politik Israels" dienen würde. Innerhalb von wenigen Stunden zogen die Offiziellen der Volksbühne den Stecker. Weinthal verkündete vor dem Zubettgehen in der Jerusalem Post, dass ein Anlass storniert wurde der "Antisemitismus verbreiten" würde.

Am 9. November, dem Morgen wo unsere Volksbühne Diskussion geplant war, sprachen wir durch einen Lautsprecher an über 100 Unterstützer die sich vor der geschlossenen Volksbühne versammelt haben. Es war der 76. Jahrestag der Reichskristallnacht und der 25. Jahrestag des Falles der Berliner Mauer. Für unsere Gegner war das irgendwie ein Datum das jegliche Kritik an Israel und deren Politik verboten machte, zusammen mit Hitler`s Geburtstag und jedem anderen Datum das auch nur im entferntesten mit dem Holocaust zu tun hat. Für uns war es das perfekte Datum zu erklären, wie das Erbe des europäischen Genozids unsere Arbeit inspiriert hat, zu betonen dass "niemals wieder" für alle gilt.   

Während meiner Ansprache beklagte ich, dass die einfachsten universellen Lehren des Holocausts von der deutschen Regierung zugunsten einer billigen Absolution abgelehnt wurde, die die Form von verbilligten Waffenlieferungen für eine Besatzungsarmee angenommen hat. Tatsächlich hat die deutsche Regierung erst kürzlich Israel eine Flotte von Corvette Angriffsschiffen mit einem Rabatt von 30% verkauft, um die Belagerung von Gaza weiter aufrechtzuhalten und weitere Angriffe auf die bedrängte Fischerei-Industrie der Küstenenklave zu ermöglichen. Nächstes Jahr werden 250 deutsche Soldaten bei Israel`s Häuserkampf Training Center für die Aufstandsbekämpfungs gedrillt, ein noch nie dagewesener Schritt in der militärischen Kollaboration. Als ein einfacher Besucher in Deutschland wurde ich von den langfristigen persönlichen Konsequenzen der Frage verschont, wie Militärhilfe für Israel die Millionen zu Asche gemachten (Menschen) geehrt werden sollen. Als der berühmte deutsche Autor Günter Grass die Waffenverkäufe in einem polemischen und wohl ungeschicktem Gedicht in Frage stellte, wurde er einer Flutwelle von versuchtem Rufmord ausgesetzt, der zu einem augenblicklichen Prestigeverlust geführt hat (der damalige israelische Innenminister Eli Yishai erklärte Grass zur persona-non-grata und erliess eine Anweisung ihm den Eintritt in von Israel kontrolliertem Territorium zu verweigern). 

Nach dem Protest marschierten wir zu einem vollgepackten Anti-Kriegs-Kaffee ein paar Strassen weiter um unsere eigentliche Diskussion über den Gaza Krieg und den von Israel staatlich geförderten Rassismus fortzusetzen. Während wir zu einer überlaufenen Menge in einem Katakomben-ähnlichen Keller sprachen, marschierten 500 Fussball Neonazis nebenan gegen eine angebliche Bedrohung durch "Salafismus". Die Polizei beschützte diesen Protestzug und löste eine kleine Gegendemonstration auf.

Währenddessen wartete auf Gysi auf Instruktionen im Falle wir finden einen anderen Weg um unser Gespräch im Bundestag am nächsten Tag zu führen. Obwohl er kaum ein Cheerleader für Netanyahu war, zeigte er sich doch als wichtiger Verbündeter der Israel-Lobby in seinem Land indem er den Übergang des Antizionismus der Linken zum vollumfänglichen Konsens des wiedervereinigten Landes zu Israel überwachte.  

"Jüdischer Antizionismus als eine totale Illusion" 
Einst als Anführer des reformistischen Flügels von Erich Honeckers Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) in Ostdeutschland, unterstützte Gysi die Demontage seiner Partei obwohl er die Wiedervereinigung mit Westdeutschland ablehnte. Seitdem entwickelte er sich zu einer der charismatischsten Personen der gegenwärtigen Opposition im deutschen Parlament,  wo er sich immer wieder die Aufmerksamkeit mit scharfen Kommentaren verdient, und nebenbei einen aggressiven Gerichtsstreit führt um eine öffentliche Diskussion seiner angeblichen Rolle als Stasi Agent zu unterdrücken. 

Als Merkels Mitte-Rechts Christlich Demokratische Union (CDU) an die Macht kam, begann Gysi mit der Arbeit um die Linke als potentiellen Koalitionspartner neu aufzustellen, die in der Lage wäre mit den Grünen oder den Sozialdemokraten (SDP) eine Koalition zu bilden. Das bedeutete rechtsgerichtete Elemente wie den Forum Demokratischer Sozialismus (FDS) auf Kosten der Anti-Kriegsspuren der Partei aufzunehmen. (Die meisten die den Brief unterschrieben haben um mich, Sheen und unsere Gastgeber der Linken zu denunzieren, kamen von der FDS)

Während einer Ansprache zum Anlass von Israels 60-Jahrfeier im Rosa-Luxemburg Stiftung 2008, machte Gysi seinen bis dato wichtigsten Schritt in Richtung Mainstream-Akzeptanz. Während er erklärte das Antiimperialismus nicht mehr länger in "einer sinnvollen Art und Weise" innerhalb des linken Diskurses geführt werden kann, wetterte Gysi gegen Solidaritätsbekundungen aus seiner Partei für Palästinenser. "Antizionismus kann nicht mehr länger eine akzeptable Position für die linke im Allgemeinen sein, und insbesondere nicht für die Partei Die Linke", erklärte er. Weiter beschrieb die "Solidarität mit Israel" als eine essentielle Komponente der deutschen "Staatsräson". 

Nach einer historischen Untersuchung der Geschichte des Zionismus und dessen Kritik von links, kam Gysi zum Entschluss: "Wenn wir eine Position des aufgeklärten jüdischen Antizionismus wählen, ... haben wir noch immer das Problem der Ignorierung der schlimmsten Erfahrungen des 20. Jahrhunderts, die den aufgeklärten jüdischen Antizionismus als eine totale Illusion entlarven."

Die Rede des Vorsitzenden der Linken ähnelte einer Rede von Kanzlerin Angela Merken nur einige Monate zuvor vor der israelischen Knesset, wo sie erklärte dass "Israel`s Sicherheit Teil unserer Staatsräson" ist. 

In einer sarkastischen Beurteilung von Gysi`s aussenpolitischem Wandel, schrieb der linke Kolumnist Werner Pirker: "Gysi bewundert die israelische Demokratie nicht trotz ihrer, sondern wegen ihrer Exlusivität... Mit seiner aussenpolitischen Rede für Israel bestand Gregor Gysi seinen aussenpolitischen Test."

Im Juni 2011 setzte Gysi ein de facto Maulkorberlass für seine Partei durch den "Drei Punkte Katalog" ein. Da steht folgendes geschrieben: " Wir werden weder an Initiativen im Nahen Osten teilnehmen die eine Ein-Staaten-Lösung für Israel und Palästina fordern (1), noch für Rufe für den Boykott von israelischen Produkten (2), noch werden an der diesjährigen Gaza-Flotilla (3) teilnehmen. Wir erwarten von unseren persönlichen Angestellten und unseren Fraktionsangestellten dass sie diese Positionen einhalten."

Einen Monat später stimmte die Exekutive der Linken zum ersten Mal für eine Anerkennung von Israels "Existenzrecht". Unter denen die den Lob für diese Abstimmung und für den andauernden Druck auf Gysi für sich beanspruchten, war eine erst kürzlich gegründete pro-Israel Organisation mit dem Namen "BAK Shalom". 

Die Anti-Deutschen
BAK Shalom zog seine Mitgliedschaft von Anhängern aus der bizarren Bewegung "die anti-deutsche Linke" - kurz die Anti-Deutschen. Nach der Wiedervereinigung gegen die Phantombedrohung eines zweiten Holocausts und der angeblichen Opposition zum deutschen Nationalismus aus der Taufe gehoben, beabsichtigte die anti-deutsche Bewegung linke, antifaschistische Zirkeln zu infiltrieren um für unerschütterliche Unterstützung für die israelische Regierung zu werben und um die traditionellen Netzwerke der linken Organisationen zu unterminieren. BAK Shalom`s Manifest verspricht "Solidarität mit Verteidigungsmassnahmen jedweder Art" gegen die Palästinenser und stellt sich hinter die amerikanische Aussenpolitik aus reinem reaktionären Impuls heraus: Amerika ist Israel`s aggressivster Patron und das ultimative Ziel von den Feinden Israel`s, deshalb müssen die Gegner des "Antisemitismus" totale Unterstützung für (Amerika) gewähren. 


Antideutsche Ideologen entsprangen aus marxistischen und anarchistisch Intellektuellen Zirkeln, sie sind vereint in ihrer Opposition zum wie sie es nennen "regressiven Antikapitalismus". Weil "komplexe und abstrakte Kapitalisten Beziehungen als Juden personifiziert und identifiziert wird", ist gemäss dem BAK Shalom Manifest Antikapitalismus eine subtile, aber gefährliche Form von Judenhass. 2012 mobilisierten anti-deutsche Aktivisten eine Gegenbewegung gegen die Blockupy Bewegung die die Europäische Zentralbank und die Deutsche Bank in Frankfurt "besetzt" hatte, und beschimpften sie als inhärent antisemitisch nur weil sie gegen den globalisierten Kapitalismus waren. Unfähig Juden als Individuen oder als normale Menschen mit unterschiedlichen Sichtweisen zu betrachten, haben die anti-Deutschen ungewollt die antisemitische Trope von jüdischer Kontrolle über die Weltfinanz gefördert. 

2003 sind Hardcore anti-Deutsche Aktivisten auf die Strasse gegangen um für George W. Bush`s Irak Invasion zu demonstrieren. Auf Demonstrationen zur Unterstützung von Israels Angriffen auf Süd-Libanon und Gaza schmetterten anti-deutsche Kräfte Gesänge an der Seite von rechtsextremen Jewish Defence League Militanten und trugen israelische Fahnen neben den rot/schwarzen Bannern die aus anti-faschistischen Kräften bekannt sind. Einer der TOP-Ideologen der Bewegung, der österreichische Politwissenschaftler Stephan Grigat, steht einer pseudo-Gruppe mit dem ironischen Namen "Stop the Bomb" bevor, die sich für unilaterale Bombenangriffe gegen den Iran einsetzt. Grigat arbeitet eng mit rechtsgerichteten Organisationen wie das Simon Wiesenthal Center sowie die ultrazionistische BAK Shalom Verbündete wie Petra Pau der Linken. 

Es mögen nur ein paar tausend Deutsche sein die sich mit den Anti-Deutschen identifizieren. Die intellektuelle Avantgarde der Bewegung, eine Sammlung von mürrischen kritischen Theoretikern und politischen Wissenschaftlern die sich um obskure Journals wie die Bahamas scharen, zählt maximal wenige Hunderte. Gemäss dem BAK Shalom Sprecher und Mitglied der Linken, Benjamin Krüger, zählt seine Organisation nur 140 Mitglieder. Aber dank der Holocaust Schuld die die deutsche Gesellschaft durchdringt, operieren diese Elemente auf fruchtbarem Boden. Indem Jugendgruppen der Linken und der Sozialdemokraten sowie linke Schlüsselorganisationen wie die Rosa-Luxemburg Stiftung infiltriert wurden, erklärte der Übersetzer und anti-Rassismus Aktivist Maciej Zurowski, "sind die Anti-Deutschen Elemente strategisch gut platziert um "junge Talente" zu fördern, während sie den Gegnern die Geldzufuhr abschneiden."

Wo sie vorher nur auf den Schwergewichtsbereich des (deutschen) politischen und Finanz-Establishments beschränkt war, konnte die pro-Israel Lobby schliesslich durch solche sektiererische Gruppierungen eine Basis in der deutschen Linken sichern. 

Guter Jude, schlechter Jude
  









  

Schlechter Jude Max Blumenthal (links) und Antisemit David Sheen im deutschen Bundestag

 Im Jahr 2009, zwei Jahre nach der Gründung von BAK Shalom, zwang eine Hexenjagd den Linken Politiker Hermann Dierkes seine Kampagne für die Wahl zum Bürgermeister der Stadt Duisburg aufzugeben. Er wurde des "puren Antisemitismus" vom Zentralrat der Juden beschuldigt, weil er die palästinensisch geführte BDS Kampagne (Boykott, Diversifizierung, Sanktionierung von Israel) unterstützte: eine Menschenrechtskampagne die die Unterstützer von Israel in Deutschland routinemässig mit dem Boykott der Juden aus der Nazi-Ära vergleichen.
Im selben Jahr zwang der Druck der Israel Lobby die Münchner Stadtverwaltung einen Auftritt des dissidenten israelischen Historiker Ilan Pappe zu streichen. Pappe protestierte danach dass sein Vater "auf die gleiche Weise als deutscher Jude in den 1930er Jahren zum Schweigen gebracht wurde."


2010 verlangte BAK Shalom die Stornierung einer von ein paar anti-imperialistischen Bundestagsabgeordneten der Linken organisierten Rede von Norman Finkelstein, einem sehr bekannten Politwissenschaftler (auch ein Jude wie Ilan Pappe) der eine äusserst kritische Haltung gegenüber Israel`s Politik hat. BAK Shalom Führer beschuldigten Finkelstein, dem Sohn von Holocaust Überlebenden, des "historischen Revisionismus" und das er "international populär unter den Antisemiten" wäre - schuldig durch Assoziierung von ungenannten Bösewichten. Weinthal verstärkte die Attacken noch indem er in der Jerusalem Post behauptete, dass Finkelstein "sich subtilem Antisemitismus anbiedert." Als seine Events durch die Rosa-Luxemburg Stiftung storniert wurden und seine finanzielle Unterstützung der den Grünen nahestehenden Heinrich Böll Stiftung verloren hat, stornierte er sein Flugticket und blieb zu hause in Brooklyn. 

Im selben Jahr erhöhte BAK Shalom den Druck auf ihre Verbündeten innerhalb der Linken um sich der Abgeordneten Groth und Höger zu entledigen. Diese zwei Abgeordneten waren auf der Free Gaza Flotilla und verbrachten Zeit in einem israelischen Gefängnis nachdem israelische Marinekommandos neun Passagiere an Bord der Mavi Marmara massakriert haben. Nach ihrer Rückkehr nach Berlin wurden die zwei Politiker als Hamas Verbündete und Antisemiten gebrandmarkt, weil sie an einer humanitären Mission teilgenommen haben. Die Attacken bereiteten den Sturm vor der losbrechen würde, als Groth und Höger sich entschieden mich und Sheen einzuladen und sich mit uns zu einem Gespräch im Bundestag zu treffen. 

Als die berühmte jüdisch-amerikanische Gelehrt und ausgesprochene Israel Kritikerin Judith Butler mit Frankfurts Prestigeträchtigen Theodor Adorno Preis 2012 ausgezeichnet wurde, eskalierte Deutschland`s Israel Lobby ihre Kampagne zur Unterdrückung der freien Rede über das Thema Israel. Bei dem Protest von Matthias Kuntzel vor der Frankfurter Kirche wo Butler ihren Preis erhalten sollte, einem anti-deutschen Akademiker und ehemaliger Berater der Partei der Grünen, beschwor Kuntzel das Schreckgespenst eines zweiten Holocausts auf deutschem Boden hervor. Er bezeichnete Butler als die Schlüsselfigur der Vorläufer eines "neuen antisemitischen Diskurses". Als die Demonstration vor der Kirche aufgepeitscht wurde, fühlte sich Butler gezwungen, die Zeremonie ihr zu Ehren durch einen Hintereingang zu betreten. 

Mit rücksichtsloser Effizienz begründete Deutschlands Israel Lobby einen neuen jüdischen Verhaltenskodex: Juden die Israel uneingeschränkt unterstützen waren notwendigerweise "gut", während diejenigen die sich für die Menschenrechte der Palästinenser einsetzen oder eine universelle Perspektive in Bezug auf den Holocaust ausdrücken absolut "schlecht" sind. Die guten Juden würden mit Verherrlichung und öffentlichem Fetisch überschüttet, während die schlechten Juden (Finkelstein, Pappe, Butler, uvm.) boykottiert und mit der Antisemitismuskeule geschlagen werden können. Sogar die nichtjüdischen Enkel der Nazis sind willkommen um diese stumpfe Waffe gegen die schlechten Juden zu erheben. Durch die Unterdrückung kritischer Diskussion über Israel, wurden sie vom Makel des Holocausts gereinigt und dadurch in der Lage, eine Rolle des Richters in der alten Frage zu spielen: wer ist ein Jude?

Letztes Jahr wurde ich auf einer schwarzen Liste als schlechter Jude etikettiert, das der deutschen Israel Lobby als einziges Kriterium meiner Arbeit dienen sollte.

Adelson`s Mann in Berlin
Im Dezember 2013 tauchte mein Name auf der Liste der top "antisemitischen/anti-israelischen Beleidigungen" des Simon Wiesenthal Centers auf. Ich war Nummer 9, zusammen mit der Pulitzer Preisträgerin Alice Walker und acht Plätze hinter Ayatollah Khomeini. Es war ein lächerliches Dokument des Neo-McCarthyismus gefüllt mit Verzerrungen, Übertreibungen und bizarren Ungereimtheiten. In Amerika wurde es ignoriert wenn es nicht verspottet wurde. 

Die Listung geschah aufgrund meines neuen Buches "Goliath: Leben und Abscheu in Gross-Israel", aber es wurde nicht ein einziges Fakt der 450-seitigen Arbeit bestritten. Anstatt das sie die Substanz meines Buches ansprachen, haben es dem Wiesenthal Center viele Titel der einzelnen Kapitel angetan, wo sie behaupteten dass ich direkte Vergleiche zwischen Israel und Nazi-Deutschland gezeichnet habe, obwohl diese Kapiteltitel aus Aussagen von Leuten genommen wurden, die die aktuellen Vorfälle in Israel beschrieben haben. Tatsächlich hat nichts was ich geschrieben oder gesagt habe die Schärfe eines kürzlichen Kommentars des berühmten israelischen Schriftstellers Amos Oz erreicht, der die gewalttätigen jüdischen Siedler als "hebräische Neo-Nazis" bezeichnet hat. 

Während Oz diesen Monat der Sigfried Lenz Literatur Preis durch den deutschen Aussenminister Frank-Walter Steinmeier überreicht wurde, wurde ich als Antisemit von den Führern der mutmasslichen deutschen linken Partein verurteilt, die ausschliesslich mit der Wiesenthal-Liste durch den neokonservativen Publizisten Benjamin Weinthal informiert wurden. 

Als ehemaliger Journalist der zwischen kleinen linksorientierten Journalen erfolglos hin und her hüpfte, fand Weinthal seinen Ruf als engagiertester Arbeiter der Israel Lobby in Berlin. Seine Karriere wurde seitdem von dem neokonservativen Think Tank "Foundation for the Defence of Democracies" (FDD) in Washington D.C gefördert. Dieser Think Tank wird zum Teil von dem Kasinomogul Sheldon Adelson finanziert, einem der TOP Gönner der (amerikanischen) Repulikaner und Israel`s rechtsgerichteter Likud Partei, der vor kurzem erst murrte dass Israel "keine Demokratie braucht" und das er "Journalismus nicht mag". FDD warb für die präventive Invasion des Iraks und präventive Bombardierung des Irans, sowie Netanyahu`s expansionistischer Politik in den besetzten palästinensischen Gebieten. Auf der FDD Webseite als "unsere Augen und Ohren auf dem Boden von Zentraleuropa" beschrieben, veröffentlicht Weinthal regelmässig seine Arbeit auf der rechtsgerichteten englischsprachigen Tageszeitung Jerusalem Post. (Herausgeberin ist Caroline Glick, die dem ganz rechts stehenden Center for Security Policy angehört und vor kurzem ein Buch veröffentlicht hat: "The Israeli Solution: a One-State Plan for Peace in the Middle East", in dem sie für die komplette Ausradierung palästinensischer Rechte einsteht.)

In den Tagen vor unserer Ankunft (in Berlin), telefonierte Weinthal mit Gysi, Beck und einer ganzen Reihe von lokalen Israel Lobbyisten um für die Verurteilung meiner Person, David Sheen und unseren Gastgebern zu werben. Da Gysi der englischen Sprache nicht mächtig ist, war er auf Weinthal sowie auf die Rezitation des Simon Wiesenthal Center`s als Übersetzer angewiesen. Gysi war offensichtlich verängstigt und eingeschüchtert gewesen. Als er mich fälschlicherweise beschuldigte israelische Soldaten als "jüdische Nazis" bezeichnet zu haben, war klar dass er sich nie die Mühe gemacht hat um die Anschuldigungen gegen mich zu untersuchen. Tatsächlich wurde der Begriff  "jüdische Nazis" von dem weithin verehrten israelischen anti-Establishment Philosoph Yeshayahu Leibowitz geprägt, der von den Israelis als einer der einflussreichsten jüdischen Anführer aller Zeiten (in Israel) gewählt wurde, und den ich in meinem Buch näher beschrieben habe. In seinen Anklagen gegen Rassismus und Militarisierung, warnte Leibowitz die Israelis davor sich in ihren schlimmsten Albtraum zu verwandeln. Als eine hektische Puppe die an der Schnur von einem dreckigen neokonservativen Trick tanzt, bewies Gysi dass er ebenfalls ein Ignorant über Israel ist. 

Sobald die Volksbühne dem Druck der Israel Lobby nachgab und die Bühne für den Auftritt mit mir und David Sheen stornierte, telefonierte Weinthal mit dem Dekan des Simon Wiesenthal Center Rabbi Abraham Cooper. "Die Deutschen sollten dankbar sein dass einige wichtige Funktionäre der Linken (Partei) gehandelt haben um diese Schändung und Perversion der Erinnerung zu verhindern", gab Cooper an. 

Als dann "Toilettengate" ausbrach, griffen die deutschen Medien nach dem Simon Wiesenthal Dossier, die Weinthal gerne zur Verfügung stellte, als einzige Referenz zu meiner Arbeit. Wie Gysi beschuldigte mich Der Spiegel fälschlicherweise israelische Soldaten als "jüdische Nazis" genannt zu haben, und weigerten sich zu antworten als ich eine Korrektur verlangte. Keine einzige der grossen Medien die über diesen Vorfall berichteten, machten sich die Mühe um David Sheen oder mich um einen Kommentar zu fragen. Stattdessen hämmerte die deutsche Presse auch unseren angeblichen "Antisemitismus" heraus, ohne einmal inne zu halten und skeptisch die Sache zu hinterfragen oder mich um eine Stellungnahme zu fragen.

Die aggressivsten Attacken kamen von Zeitungen die zum Axel Springer Verlag gehören, Deutschland`s Version von Rupert Murdoch`s News Corp. Eine Bastion von gelber Presse, nötigt Springer alle seine Mitarbeiter (Anm. Redakteure und Journalisten) einen Loyalitätsschwur auf Deutschland`s besonderer Beziehung zu Israel abzugeben. Als die Springer Zeitung "Die Bild" mich und Sheen als "verrückte Israel Hasser" beschrieb, gab mir ein Freund die Telefonnummer des politischen Redakteurs der Zeitung, Ralf Schuler. 

"Warum haben Sie nicht versucht mich nach einem Kommentar zu fragen?" fragte ich ihn. 

"Weil ich es nicht muss. Ich will nicht mit Ihnen reden oder hören was Sie zu sagen haben", sagte Schuler. 

"Sie wollen uns also bloss anschmieren?"

"Ja!" erklärte er mit Nachdruck. "Und damit hat es sich."

Schuler fragte mich in einem anklagenden Tonfall ob ich tatsächlich ein "Antisemit" wäre. Dann hing er abrupt auf.

Die Exilanten
Mein letztes Gespräch in Berlin nahm in einem antiseptischen Klassenzimmer innerhalb des höhlenartigen Hauptgebäudes der Technischen Universität der Stadt statt. Während meiner Präsentation kam ich auf den Fall von Ibrahim Kilani zu sprechen, einem deutschen Staatsangehörigen der zusammen mit dem grössten Teil seiner Familie während des israelischen Angriffs auf den Gaza Streifen diesen Sommer ums Leben kam. Die deutsche Regierung verurteilte dieses Massaker nicht, noch bemühte sie sich um der restlichen Familie in Deutschland das Beileid auszusprechen. Stattdessen wurde Israel nur gefragt die Umstände die zum Tod der Familienmitglieder geführt haben zu klären. 

Das Schweigen der Regierung über die Kilanis wühlte die 80`000 Mann starke Gemeinschaft der palästinensischen Immigranten in Deutschland auf. Als meine Rede endete, erklärte die junge palästinensisch-deutsche Anwältin Nadia Samour die diesen Anlass mitorganisierte, dass sie sich nicht mehr länger in Deutschland zuhause fühlt nachdem sie mitbekommen hat wie ihre Regierung diesen Mord gehandhabt hat. Ihr Gefühlt der Entfremdung war fast omnipräsent unterhalb den vielen geschulten und weltlichen Arabern die ich während meinem Aufenthalt in Deutschland getroffen habe. Und es war kaum überraschend.

In dem vorgeschlagenen Einbürgerungstest in Hessen aus dem Jahr 2006, wurde von Immigranten erwartet ihre Unterstützung für Israels "Existenzrecht" zu bestätigen. Der letzte Bundeskanzler Gerhard Schröder der Sozialdemokraten, polterte öffentlich gegen einen Zwang von den Immigranten einen Loyalitätsschwur (Anm. auf ein Drittland!) zu leisten, während die gegenwärtige Kanzlerin Merkel erklärte dass der "multikulti absolut gescheitert ist". In einer Umfrage aus dem Jahr 2010 erklärten sich 55% der gefragten Deutschen mit der Meinung einverstanden, dass Araber ein "unangenehmes Volk" wären. In den letzten Jahren waren die Medien voll mit Kommentaren die die muslimischen und arabischen Immigranten als Brutstätte von potentiellen Rekruten für Gruppen wie Al Qaida oder ISIS beschrieben. 

Immigranten in Deutschland werden bei jeder Gelegenheit dazu gezwungen der Leitkultur Beachtung zu schenken, dem nationalen Narrativ der den Ausdruck der Schuld für den Holocaust fordert, obwohl sie damit nichts zu tun haben. Für Palästinensisch-Deutsche dient diese Leitkultur dazu ihr eigenes Narrativ über die Enteignung zu unterdrücken.Wie Ibrahim Kilani`s einzig überlebender Sohn Ramsis dem Journalisten Emran Feroz sagte, "in Deutschland werde ich als Antisemit bezeichnet nur weil ich von mir sage das ich ein Palästinenser bin."

Während Palästinenser aus dem deutschen öffentlichen Diskurs ausgeschlossen werden, stellt sich eine unwahrscheinliche Immigrantengruppe gegen diesen nationalen Konsens. Ungefähr 20`000 israelische Juden haben in Berlin Zuflucht gesucht, weil sie vor einem Staat der vom Militarismus und religiösem Fieber überrannt wurde geflohen sind, für ein Leben in einer stabilen sozialen Demokratie. Die meisten sind jung, kosmopolitisch und absolut gegen die Regierung von Netanyahu. Als Merkel und eine Gruppe von deutschen Politfiguren, inklusive Gysi, diesen Sommer eine Demonstration gegen "Antisemitismus" organisiert haben die sich zu einer Doppeldemo zur Unterstützung von Israels Angriff auf Gaza entwickelt hat, organisierte eine Gruppe von israelischen Exilanten eine Gegendemo. Sie hielten ein grosses Banner mit den Worten "Merkel, gib uns Pässe, nicht Waffen!" hoch. 

Einer dieser Israelis erhob sich nach meiner Rede in der Technischen Universität. Er stellte sich als Schriftsteller vor, der zu dem ernüchternden Feststellung gekommen ist, dass es für ihn keine Zukunft in Israel gibt. Er sagte dass er sich davor fürchtet seinen Sohn in einer Umgebung aufwachsen zu lassen, die die israelischen rechtsgerichteten Herrscher "unbewohnbar" gemacht haben. Die Beziehung zwischen israelischen Juden und Palästinensern wären nicht mehr reparierbar, sagte er, so dass die Zwei-Staaten Lösung die einzig verbliebene Option ist die die zwei Gruppen trennen kann.

Ein palästinensischer Flüchtling mittleren Alters erhob sich von seinem Platz. "Mit ihrer Zwei-Staaten Lösung kann ich nie wieder nach Hause zurückkehren", sagte er. "Sie müssen verstehen dass wir Palästinenser kein Problem damit haben mit Juden zusammenzuleben. Das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass wir kein Recht haben auf unserem Land zu leben."

Der israelische Schriftsteller widersprach nicht und schlug auch nicht zurück. Stattdessen hörte er geduldig zu als der nächste Sprecher, Abir Kopty, ein palästinensich-israelischer Aktivist aus Nazareth der einem Studium in Berlin nachgeht, seinen Vorschlag für einen binationalen Staat machte. Einige deutsche Aktivisten schlossen sich dem an und zeichneten eine Vision der Gleichberechtigung, genau das was Gysi`s Maulkorb den Mitgliedern der Linken Partei verboten hat zu verfolgen. 

Als sich die Diskussion in den Gang verlagerte, verschwanden sämtliche Differenzen die noch während der Frage- und Antwortzeit bestanden haben und wurden zu einer Kameradschaft die immer zwischen Aussenseitern besteht. Die israelischen Exilanten und die palästinensischen Flüchtlinge sind in Deutschland als Opfer der westlichen Aussenpolitik angekommen, jeder auf seine eigene Weise zum Opfer gemacht. Jetzt kämpfen sie zusammen für eine freie und offene Debatte. Und zusammen mit dem Rest von uns, taumelten sie von der Kraft der nationalen Antisemitismuskeule." 



 

Donnerstag, 4. Dezember 2014

Israel: Neuwahlen wegen Apartheid-Gesetz

Am 17. März 2015 finden in Israel Neuwahlen statt, weil Ministerpräsident Binyamin Netanyahu am Dienstag Justizministerin Tzipi Livni und Finanzminister Yair Lapid aus der Regierungskoalition geworfen hat. Netanyahu begründete diesen Schritt mit dem angeblichen Versuch von Livni und Lapid, einen "Putsch" gegen ihn vorbereitet zu haben, obwohl er ihnen bereits zuvor im Radio offen gedroht hat aus der Regierung zu werfen.

Der Grund für diese Beschuldigung lag in der Weigerung der beiden Minister, ein neues Gesetz zu unterzeichnen das Israel offiziell zu einem rassistischen Apartheidstaat gemacht hätte. Dieses als "Nationalgesetz" bezeichnete Gesetz war bereits im Koalitionsvertrag vereinbart gewesen und vom Kabinett vor zwei Wochen angenommen. Was noch fehlte war die Annahme durch das israelische Parlament, der Knesset, die Abstimmung war für den 26.11.14 angesetzt. Das Problem aber war, dass der Justizministerin und dem Finanzminister die zwei vorgelegten Versionen zu weit gingen. Nicht weil sie inhaltlich damit ein Problem gehabt hätten, sondern weil diese zwei Versionen zu ehrlich waren. Sie hätten lediglich das zum Gesetz erhoben was ohnehin die Praxis in Israel ist. Sie zwangen Netanyahu eine "moderatere" Version auszuarbeiten, die wenigstens die Lippenbekenntnisse zur Demokratie in Israel noch beibehalten hätte. Aus diesem Grund verschob Netanyahu die Abstimmung um eine Woche, und offensichtlich war er nicht bereit zu weit von den ursprünglichen Versionen abzuweichen um nicht als Verräter an einem der wichtigsten Projekte der Rechten zu gelten, die inzwischen zu seiner Basis geworden ist.

Israel`s "Nationalgesetz"
Alle drei Versionen erklären Israel zum "Nationalstaat der Juden", und zwar "ausschliesslich für Juden". Israel würde sich nach diesem Gesetz als Staat exklusiv für Juden definieren, und nicht als Staat für alle seine Bürger. Genau das ist aber seit der Gründung Israels das grösste Problem gewesen. Ein Staat der von sich selbst denkt eine Demokratie zu sein, "gehört" per Definition allen seinen Bürgern unabhängig derer Religion oder Rasse. Auf diesen Zwiespalt habe ich im Artikel "Ist Israel eine Demokratie?" hingewiesen, doch solange die offiziellen Verlautbarungen aus dem Westen nicht müde wurden zu betonen dass Israel eine Demokratie und zuletzt sogar die "einzig wahre Demokratie im Mittleren Osten" ist, wähnten sich die Menschen in falscher Sicherheit. Denn hinter der Bühne wurde sehr wohl festgestellt dass es da ein riesengrosses Problem mit der Demokratie in Israel hab, nur öffentlich aussprechen wollte es niemand. Dieses Problem ist natürlich die laut US-Menschenrechtsindex "institutionelle und gesellschaftliche Diskriminierung" gegenüber den in Israel lebenden Palästinensern die ca. 20% der gesamten israelischen Bevölkerung ausmachen. 

Diese Realität will nun mal einfach nicht zusammenpassen. Man kann nicht ständig behaupten man wäre die "einzig wahre Demokratie im Mittleren Osten" und gleichzeitig zwischen Juden und Nicht-Juden in der Gesetzgebung und in unzähligen anderen Bereichen des öffentlichen Lebens unterscheiden. Ministerpräsident Netanyahu bezeichnete diesen Zustand als "signifikantes Ungleichgewicht zwischen der jüdischen Dimension und der Demokratie (in Israel)".
Es ist genau dieses "Ungleichgewicht" des Zionismus, was nichts anderes als ein Euphemismus für den Rassismus in Israel ist, da der Zionismus nur für Juden gedacht war und eben nicht für alle Menschen die in diesem damals noch zu gründenden Staat gelebt haben, der die Demokratie nach der allgemein anerkannten Form zu einer Scharade gemacht hat.

Deshalb wiederhole ich es nochmal, dieses "Nationalgesetz" ist aus der Sicht der Verfasser ein sehr ehrliches Dokument das einfach mit diesen Kräften aufräumen soll die die Demokratie auseinandergerissen haben. Zwei der drei Versionen gehen sogar soweit und streichen das Wort "Demokratie" geradewegs komplett aus der offiziellen Bezeichnung des Staates Israel, sondern es soll nur noch in der Regierungsform als demokratisch formuliert werden. Die arabische Sprache soll in den beiden Versionen als zweite Landessprache gestrichen werden und nur noch als Sprache der Minderheit anerkannt bleiben, was zur Folge hätte dass sämtliche arabische Schriftzeichen aus Israel verschwinden würden. Ausserdem soll die jüdische Gesetzgebung, die Halacha, als "Inspiration" und "Orientierung" der israelischen Gerichtsbarkeit dienen, so dass Urteile des Obersten Gerichtshofs mit der jüdischen Gesetzgebung zu vereinbaren sind. Natürlich spielt die weitere Kolonisierung auch eine Rolle, die "innerhalb Israels Grenzen" weiter gefördert werden soll, ohne aber diese Grenzen zu definieren was der zionistischen Taktik von Anfang an äusserst dienlich war.

Was aber alle drei Versionen gemeinsam haben, ist die Diskriminierung der Nicht-Juden in Israel. Während zumindest bei Netanyahu`s Version Lippenbekenntnisse an die Demokratie mit der Bezeichnung "jüdisch demokratisch" und den Rechten der nicht-jüdischen Bevölkerung gemacht werden, indem "die persönlichen Rechte aller Bürger in Übereinstimmung mit dem Gesetz gewahrt werden" sollen, so sollen aber "Kommunalrechte ausschliesslich Juden" gewährt werden.

Als ob dieses "Nationalgesetz" nicht schon genug wäre, bereiten Netanyahu`s Parteigänger (Likud) weitere Gesetzesvorlagen vor, die nicht mit unserem Verständnis von einer Demokratie vereinbar sind. Wie zum Beispiel ein neues "Anti-Terror Gesetz", das eine völlig neue Form von Terroristen hervorbringen soll. Demnach sollte als Terrorist jede(r) gelten:
  • der vermummt Steine (auf Juden) wirft
  • der an illegalen Protesten teilnimmt und Brandbomben oder Feuerwerkskörper wirft
  • der bei diesen Protesten eine feindliche Fahne schwingt, einschliesslich der palästinensischen
Diese "neuen" Terroristen (das Gesetz zielt ausschliesslich auf Palästinenser ab) sollen demnach wie folgt bestraft werden:
  • die israelische Staatsbürgerschaft oder sogar die "Staatsbürgerschaft" der palästinensischen Autonomiebehörde wird entzogen
  • Familien von "Terroristen" die weiter zu ihnen stehen und die Tat öffentlich gutheissen, verlieren ihre Staatsbürgerschaft und werden in den Gaza Streifen deportiert
  • nach der Freilassung aus der Gefangenschaft erfolgt die Deportation
  • diejenigen die bei einem versuchten "Terroranschlag" gemäss oben definierten Kriterien getötet werden, erhalten keine Beerdigung. Ihre Leichen werden nicht den Familien übergeben und auch der Ort der Beilegung wird nicht mitgeteilt.
  • die Häuser der "Terroristen" werden innerhalb von 24 Stunden nach erfolgtem "Anschlag" zerstört
  • Geschäfte und Printpressen die Poster für die Ehrung der "Terroristen" oder des "Terroranschlags" drucken, werden geschlossen
  • Arbeitgeber dürfen sich bei der Polizei erkundigen, ob ihre Arbeitnehmer jemals eines "sicherheitsrelevanten" Verstosses beschuldigt wurden. Wenn ja, dann haben sie das Recht sie fristlos und entschädigungslos zu kündigen.
                                (Nach dem neuen Anti-Terror Gesetzesentwurf wäre das bereits ein Terroranschlag)

Wenn sich sogar die ansonsten nicht gerade für ihre Kritik an Israels Politik bekannte New York Times Sorgen um den Zustand Israels macht, zeigt das wie ernst die Lage tatsächlich ist. Selbst das US-Aussenministerium übte Kritik an diesem "Nationalgesetz" und forderte die "Einhaltung von demokratischen Prinzipien".
Schlimm trifft es auch die amerikanischen Juden von denen die Mehrheit sehr gerne mit dem Mythos von einem demokratischen Israel gelebt haben. Sie protestieren jetzt zwar gegen dieses Gesetz, aber aus anderen Motiven als wir uns das vorstellen. Sie machen sich nicht so sehr Sorgen um die Diskriminierung der Nicht-Juden - die aus ihrer Sicht erst mit dem Gesetz kommen würde, als ob es sie noch nie gegeben hätte - sondern viel mehr um die negativen Auswirkungen auf der Weltbühne und der Tatsache, dass sie ihren lange Jahre gehegten Mythos endgültig zu Grabe tragen müssten.

Die grosse Frage wird sein, wie das israelische Volk am 17. März 2015 wählen wird. Ob der Teil der von der rechten Seite politisch marginalisiert wurde es schafft, sich aus der völligen Bedeutungslosigkeit in der aktuellen israelischen Politik zu erheben und das Steuer nocheinmal herumreisst (was ich leider sehr stark bezweifle), oder ob der grassierende Rassismus obsiegt und die rechten bis rechtsradikalen Parteien noch stärker an die Macht katapultiert.

                    (Avigdor Liberman: wird bei den Neuwahlen Netanyahu`s schärfster Herausforderer vom rechten Flügel)