Mittwoch, 23. Dezember 2015

Interview mit Spyros Galinos Teil 1

Am 14.12.2015 führte ich ein Interview mit dem Oberbürgermeister der griechischen Insel Lesbos, eine kleine Insel von 85`000 Menschen die laut Spyros Galinos nur "ein Punkt auf der Landkarte" ist und dennoch fast die Hälfte des gesamten Flüchtlingsstroms nach Europa dieses Jahr als Eingangspunkt zu bewerkstelligen hatte. Von der türkischen Westküste kamen hunderttausende Flüchtlinge und Migranten aus den verschiedensten Ländern mit Gummibooten, Fischerbooten und manchmal sogar mit Luxusyachten über den Golf von Edremit nach Lesbos (je nach Abgangsort zwischen 7-9 Kilometer), zuletzt wagen sie sogar die fast doppelt solange Überquerung der Meerenge von Lesbos (ca. 15 Kilometer).

Herr Galinos sagte mir, dass er schon einige Journalisten dieses Jahr empfangen und Interviews gegeben hat, doch die meisten haben nur Teile des Interviews benutzt um eine eigene Geschichte damit zu bestätigen, was aber weder dem Verlauf des Interviews noch dem Sinn des Gesagten entsprach. Deshalb gebe ich das Interview in voller Länge wieder, ohne jegliche Änderungen oder Abkürzungen. Da es doch relativ lange ist, werde ich es in zwei Teilen veröffentlichen.

Interview mit Spyros Galinos, Bürgermeister der Insel Lesbos, vom 14. Dezember 2015:

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Montag, 21. Dezember 2015

Bundeswehreinsatz, aber gegen wen?

Deutschland hat sich erneut in ein militärisches Abenteuer eingelassen. Während die Einsätze der Bundeswehr in den letzten 20 Jahren alle auf rechtlich solidem Fundament standen (Sinn und Zweck mancher Einsätze kann natürlich in Frage gestellt werden), sieht das im Falle des letzten Beschlusses ganz anders aus. Die Bundesregierung selbst spricht offiziell von einem "Syrien Mandat", während aber in der öffentlichen Werbung für den Einsatz stets von einem "Kampf gegen IS" die Rede war. Auslöser für die ganze Sache waren schliesslich auch die Anschläge von Paris, für die der sogenannte Islamische Staat (IS, ISIL, ISIS, Daesh) die Verantwortung übernommen hat.

Daraufhin hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel Frankreich "jedwede Unterstützung" zugesichert, Vize-Kanzler Sigmar Gabriel meinte sogar dass der Terror "gegen uns alle gerichtet war". Deutschland setzte sich also schnell in ein ruderloses Boot, dessen Besatzung noch dazu unterschiedliche Ziele verfolgt.

Als Frankreichs`s Präsident Francois Hollande noch den Bündnisfall der Europäischen Union nach Artikel 42 Absatz 7 des Lissabon Vertrages ausrief, forderte er die Unterstützung der EU für Frankreich`s "Krieg gegen den Terror" auf. Das Problem aber ist, dass dieser Artikel auf den sich Frankreich beruft, "einen bewaffneten Angriff auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats" regelt, wonach "die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung, im Einklang mit Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen [UN-Charta], schulden."

Ein "bewaffneter Angriff" wird aber in internationaler Rechtssprechung als Krieg zwischen mindestens zwei Staaten definiert, der wiederum als "lediglich einen organisierten und unter Einsatz erheblicher Mittel mit Waffen und Gewalt ausgetragenen Konflikt, der aber stets zwischen Staaten besteht", klar beschrieben ist. Ein bewaffneter Angriff ist also ein Einsatz von erheblichen Mitteln wie Waffen und Gewalt, ausgeführt durch einen Staat.

Davon kann bei den Anschlägen von Paris keine Rede sein. Zumal die EU im selben Vertrag von Lissabon explizit über einen Artikel (Art. 222) verfügt, der die zwischenstaatlichen Verpflichtungen bei einem Terroranschlag regelt!

Der Grund weshalb sich Francois Hollande nicht auf diesen Artikel 222 bei seiner Ausrufung eines Bündnisfalles beruft ist denkbar einfach: die Entsendung von Soldaten und Kriegsgerät ausserhalb Frankreichs wäre nicht möglich gewesen.
Denn dieser Artikel ruft die EU-Mitglieder auf, "alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel, einschliesslich der ihr von den Mitgliedstaaten bereitgestellten militärischen Mittel, zu mobilisieren, um terroristische Bedrohungen im Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten abzuwenden oder im Falle eines Terroranschlags einen Mitgliedstaat auf Ersuchen seiner politischen Organe innerhalb seines Hoheitsgebiets zu unterstützen".

Da liegt die Krux an der ganzen Sache. Frankreich erlebte einen Terroranschlag, den man aber nicht als solchen werten möchte da dieser einen anderen Prozess auslösen würde als es von den Regierungen gewünscht war. Deshalb spricht der französische Präsident auch lieber von einem Krieg, um die gewünschte Richtung einschlagen zu können. Ein Krieg kann aber nur gegen einen Staat geführt werden, und obwohl sich im deutschsprachigem Raum die Bezeichnung IS etabliert hat - also Islamischer Staat - ist es deswegen noch lange kein Staat im rechtlichen Sinne. Interessant ist auch dass Hollande selbst nicht diesen Begriff verwendet, sondern das arabische Akronym Daesh (Al Dawla al-Islamyia fil Iraq wa’al Sham = Islamischer Staat Irak und Shams).

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Montag, 7. Dezember 2015

Syrien: Kann die Türkei gestoppt werden?

Der 24. November 2015 wird in die Geschichte eingehen, da bin ich mir sicher. Dieser Dienstag war nicht nur der Tag an dem die Türkei einen russischen Kampfjet abgeschossen hat, es war auch der Tag an dem im syrischen Drama womöglich der letzte Akt eingeläutet wurde.

Dass es in Syrien schon sehr lange nicht mehr um den "Arabischen Frühling" (obwohl ich mich noch nie mit diesem Ausdruck bzw. mit dem was damit ausgedrückt werden sollte identifizieren konnte) à la Tunis oder Kairo geht, dürfte, unabhängig davon auf welcher Seite des politischen Grabens man sich befindet, mittlerweilen jedem klar sein. Es geht auch nicht mehr darum, ob die illegale Forderung des Westens nach dem Sturz von Präsident Bashar al-Assad durchgesetzt werden kann oder soll.
Es geht nicht einmal darum ob man tatsächlich sich Gedanken machen sollte, den selbstausgerufenen Islamischen Staat (IS) auch als solchen anzuerkennen. Immerhin herrscht dieser ja über ein Gebiet von der Grösse Belgiens oder Großbritanniens mit Millionen von Menschen darin. Der Spiegel berichtet das 5-8 Millionen unter der Herrschaft der ISIS leben. Obwohl es meiner Meinung nach schon einen erheblichen Unterschied ausmacht ob es 5 Millionen Menschen oder 8 Millionen sind. So oder so ähnlich wird uns auf jeden Fall das Bild über ISIS übermittelt.

Doch das reale Bild über die ISIS-Herrschaft im Irak und Syrien sieht anders aus. Eine der zuverlässigsten Karten die auch nach Rücksprache mit iranischen Quellen über die ISIS existieren, sind jene des Institute for the Study of War (ISW), auch wenn diese Organisation dem Neokonservativen Zirkel der USA nahesteht.
Was im Allgemeinen als "Herrschaftsbereich" in unseren Medien gezeigt wird, ist in vielen Teilen oft nichts weiter als eine fast menschenleere Wüste. Der grösste Teil des "Herrschafsbereiches" steht nicht einmal unter direkter ISIS-Kontrolle, die nur durch Verwaltung und Waffengewalt aufrecht erhalten werden kann. Was aber nicht bedeuten soll dass ISIS über keinen Rückhalt in diesen Gebieten verfügt, doch effektive Kontrolle ist es auch nicht.

Die letzte Karte des ISW vom 15. September 2015 sieht folgendermassen aus:


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