Freitag, 1. März 2013

Iran eine Bedrohung?

Viele Menschen, auch aus meiner Verwandschaft, fragen mich weshalb ich ein Land "verteidige", welches doch die Bestrafung verdient die es in Form von Sanktionen oder internationaler Verachtung erhält. Und ja, wenn es sein muss dann auch mit militärischen Mitteln.

Ich muss zugeben das ich darüber ziemlich schockiert war. Und noch schockierter war ich über die Begründung dieser vernichtenden Meinung. Denn auf die Frage wieso sie so denken und empfinden, kam keine fundierte Aussage. Nur ein Gefühl. Auf die Frage dann woher so ein Gefühl kommt, antworteten nahezu alle dass doch die ganze Welt weiss (ausser ich offensichtlich) dass dieser "verrückte Iraner" (gemeint ist damit der iranische Präsident Ahmadinejad) eine Atombombe haben will, sowas hört man doch die ganze Zeit in den Nachrichten. Und ausserdem droht er der ganzen Welt und ist deshalb eine Bedrohung die es auszuschalten gilt.

Aha. Nur weil die Medien ein Bild porträtieren und insbesondere der eine Satz gebetsmühlenartig in der Welt herumgeistert, nämlich das Ahmadinejad gesagt haben soll dass "Israel von der Landkarte getilgt werden muss", reicht das den meisten Menschen um ein ganzes Volk zu verurteilen. Dabei hat Ahmadinejad niemals so etwas gesagt! Die betreffende Passage aus seiner Rede zum "World Without Zionism" Kongress von 2005 wurde schlichtweg falsch übersetzt und danach als Tatsache übernommen. Was er sagte war: "dieses Regime das Jerusalem besetzt hält, muss von der Seite der Zeit verschwinden". Das ist was ganz anderes als das was von den Medien fälschlicherweise als Tatsache in die Welt gesetzt wurde. Die meisten Zeitungen die diese falsche Übersetzung mit grosser Aufregung und Aufmachung gedruckt haben, haben diesen Fehler durch entsprechende Meldungen wieder begradigt. Aber hat das überhaupt jemand zur Kenntnis genommen? Oder besser gefragt, wollte das überhaupt jemand zur Kenntnis nehmen? Angesichts der nach wie vor herrschenden Meinung zu dieser Aussage kann die Antwort darauf nur lauten: NEIN, es interessierte niemanden! Nur weil diese Lüge immer wieder durchgekaut wird, ist es deshalb noch längst nicht die Wahrheit. Selbst israelische Politiker, abgesehen von Netanyahu oder Barak, haben diese Lüge auch als solche bezeichnet. Für die Hasbarah Strategen (Hasbarah ist eine israelische Bezeichnung für Unwahrheiten die aber als Wahrheiten verkauft und aktiv promotet werden; dazu aber mehr in einem anderen Thread) in den USA und Israel war das aber ein gefundenes Fressen. Das zeigt auch die Wahrnehmung des Irans bei verschiedenen Umfragen.
Noch im Jahr 2001 sahen "nur" 8% der Befragten im Iran eine Bedrohung für die USA, vor der Rede Ahmadinejad`s waren es 14%. Nach dieser Lüge sprang der Wert sofort auf 31%. Danach sank die emfundene Bedrohung nur noch auf 25% und blieb so bis 2011. Als die Kriegstreiber Netanyahu und Barak den US-Prädidentschaftswahlkampf für ihre Verleumdungskampagne gegen den Iran missbraucht haben, sprang dieser Wert wieder auf 32%. 

Anhand von diesen Zahlen erkennt man eindeutig die Macht der Medien über die Beeinflussung der breiten Öffentlichkeit zu einem bestimmten Thema. Das sind aber nicht nur Zahlen, das sind Wählerstimmen die über Krieg und Frieden entscheiden könnten. Es ist ein riesengrosser Unterschied ob 20 Millionen Menschen (bei 250 Millionen Einwohnern) ein Land als Feind betrachten, oder ob es 80 Millionen sind.
Nun dürften mir Kritiker vorhalten dass Ahmadinejad ja auch noch weitere Dinge gesagt hat und diese aber korrekt übersetzt wurden. Und ja, diese Zitate waren ebenfalls nicht sonderlich schmeichelhaft, gelinde ausgedrückt. Aber stellen Worte eine Bedrohung dar? Gibt es nicht auch solche unschönen Worte in Richtung Teheran? Mitt Romney zum Beispiel, immerhin der republikanische Spitzenkandidat für das Weisse Haus, nannte die Iraner "verrückte Menschen" oder "verrückte Fanatiker". Es gäbe auch in dieser Richtung eine ziemlich grosse Liste von Bezeichnungen die nicht sonderlich nett anzuhören sind, aber egal in welche Richtung diese Worte geschossen werden, es bleiben Worte. Man nennt das auch Rhetorik. Nur mit dem Unterschied dass es auf der Seite des Westens nicht nur bei der Rhetorik bleibt, sondern eben auch mit harten Bandagen gekämpft wird.

Seit dem Chaos im Irak, wurde der Iran mit massiven Sanktionen belegt und ein Währungs- und Wirtschaftskrieg initiiert. Wissenschaftler wurden auf offener Strasse durch Killerkommandos ermordet. Lautlose Cyberangriffe (Operation Olympic Games) die als Kriegsakt gemäss internationalem Recht gewertet werden. Verletzung des iranischen Luftraumes durch Drohnen. Unterstützung von Terrorgruppen wie Jundullah und Mujahedin -e Khalq welche für Attentate im Iran verantwortlich sind.

Natürlich kommt jetzt der Einwand dass doch auch der Iran Gruppierungen wie Hezballah oder Hamas unterstützt. Ja das stimmt. Im Gegensatz zu Jundullah oder MEK sind diese beiden Gruppierungen jeweils an einer Regierung beteiligt. Und Iran unterstützt sie aus einem ganz einfachen Grund der nichts mit Terror zu tun hat: Widerstand gegen den Unterdrückungsapparat Israels. Diese Unterstützung ist aber nicht in Stein gemeisselt, sondern wurde in den letzten 10 Jahren wiederholt als Faustpfand für eine bessere Beziehung zu den USA angeboten. Washington lehnte diese Angebote aber ab. Und solange sich an dieser Situation nichts ändert, wird Teheran diese Trumpfkarte mit Sicherheit nicht aus der Hand geben. Ist das aber eine Bedrohung für die Nationale Sicherheit der USA? Auch hier ein ganz klares Nein! Das stuften sogar Rechtsexperten der Harvard University so ein und betonen, dass der Iran vor dem Internationalen Strafgerichtshof die besten Chancen hätte die Anklage gegen die USA auch zu gewinnen.

Wo ist denn nun konkret diese Bedrohung für die Welt die vom Iran ausgeht? Ach ja, von der Atombombe die Teheran noch nicht hat, aber unbedingt haben möchte. Und das obwohl der Iran den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet und ratifiziert hat. Aus diesem Grund verfügt das Land auch im Jahr 2013 über keine Nuklearwaffen. Und das obwohl Israel seit 1992 den USA und der Welt versucht klar zu machen, dass das seit 1992 immer wieder in 3 Jahren der Fall sein wird. Dabei vergisst Israel immer wieder zu erwähnen, dass es selbst über Nuklearwaffen verfügt und den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat. Eigentlich wurde Israel auch von der UNO Vollversammlung im Dezember 2012 aufgefordert, die eigenen Anlagen für die Spezialisten der IAEA zu öffnen und zugänglich zu machen. Aber, hier ist das nicht so schlimm wenn Israel sich dagegen wehrt und sich weigert auch nur einen einzigen Inspektor ins Land zu lassen. Niemand kommt da auf die Idee, irgendwelche Sanktionen gegen Tel Aviv zu verhängen oder Jagd auf israelische Wissenschaftler zu machen.

Selbst wenn der Iran irgendwann über Nuklearwaffen verfügen würde, welche Gefahr würde dann aus dem Land am Persischen Golf ausgehen? Bei dieser Frage scheiden sich etwas die Geister, manche sind der Meinung dass Teheran dann Israel angreifen würde um seinen Plan mit "von der Landkarte tilgen" in die Tat umzusetzen. Andere meinen dass der Iran dann seine Raketen mit einem Nuklearsprengkopf versehen würde und sie in Richtung USA abfeuern würde.
Nur gibt es mit dieser Darstellung ein kleines Problem: es fehlen die Interkontinentalraketen die mal eben die knapp 10`000 Kilometer Luftlinie zwischen Teheran und New York zurück legen könnten. Obwohl die amerikanische Politik sehr gerne von solch einer Bedrohung spricht, müssen die Geheimdienste immer wieder einschreiten und das Gegenteil beweisen. Eine theoretische Bedrohung gibt es für die Länder im Nahen Osten, Türkei oder auch im Kaukasus bzw. Russland durch die Mittelstreckenraketen wie die Shahab 1-4. Das Problem mit den Angaben von Reichweiten solcher Raketen ist, dass man vergisst das Gewicht der Spengkörper auf das Eigengewicht der Rakete dazu zu rechnen, und wie mit jedem Fahrzeug das überladen ist, führt dieses zusätzliche Gewicht zur Reduktion der Reichweite.
Das weitere Problem mit der angeblichen Bedrohung, auch für die Staaten des Nahen Ostens, ist die massive US-Militärpräsenz in dieser Region. Der israelische Premierminister Binyamin Netanyahu beschwört sehr gern und sehr oft diese Bedrohung die von iranischen Raketen ausgehen, aber vergisst zu erwähnen dass die USA eigens dafür eine amerikanisch betriebene (und mit US-Soldaten besetzten) Radarstation in der Negev Wüste installiert haben, die nach eigenen Angaben "eine Biene" in 2400km Entfernung entdecken würde. Ausserdem gibt es amerikanische Militärbasen in Kuwait, Qatar, Bahrain, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Saudi Arabien und Oman. Von Afghanistan erst gar nicht zu reden.


Nebst den US-Militärs am Persischen Golf und weiterer Umgebung haben die USA den arabischen Scheichtümern und Israel die modernsten Verteidigungsanlagen verkauft die es gibt, und amerikanische wie auch deutsche Steuergelder fliessen in betrachtlicher Höhe in Richtung israelische Verteidigung.
Angesichts solcher überwältigender Übermacht, käme jeglicher Versuch Iran`s einen Krieg zu entfachen einem Selbstmord gleich. Aber auch dafür haben die "Cheerleader des Krieges", wie es der ehemalige britische Aussenminister Jack Straw erst kürzlich bezeichnet hat, eine passende Antwort: die Iraner lieben den Tod mehr als das Leben.

Ich denke, dass das was der israelische Chef des Inlandgeheimdienstes Shin Bet (von 2005-2011), Yuval Diskin, über Netanyahu und Barak gesagt hat, nämlich dass die beiden Herren "vom Iran besessen sind", auch auf diejenigen zutrifft die eine angebliche Bedrohung des Irans heraufbeschwören und mit irrwitzigsten Begründungen unterstreichen.

Und das schlimme dabei ist, dass diese Besessenheit selbst zur Bedrohung geworden ist. Und ja, diese Bedrohung gefährdet tatsächlich die Nationale Sicherheit der USA. Aufgrund dieser Besessenheit, die die USA in eine Schuldenfalle sondersgleichen gelockt hat (nicht nur deswegen, aber mit einer der gewichtigsten Gründe), tritt heute das "Sequester" in Kraft. Das bedeudet dass Budgetkürzungen quer durch den gesamten Haushalt vorgenommen werden, die zwar auch dringend notwendig sind, aber einer Planung bedurft hätten um die Kürzungen da einzusetzen wo sie auch dringend nötig sind.



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