Mittwoch, 3. April 2013

Saudi Arabien`s blutige Spur

Im letzten Thread habe ich versucht, ein bisschen Licht in die "Geburtsstunde" von Saudi Arabien`s Geister, der wahhabitischen Jihadisten, zu bringen. Diese Wahhabiten, im Grunde nur die moderne Version jener religiösen Fanatiker, die seit dem verhängnisvollen Pakt (siehe dazu diesen Thread) von Muhammad ibn Abdul Wahhab und Muhammad ibn Saud im 18. Jahrhundert, versucht haben die gesamte Arabische Halbinsel unter ihre Gewalt zu bringen und den Menschen ihre Vorstellung des einzig wahren Glaubens aufzuzwingen. Genau das passiert heute in Syrien und im Irak. Es geht nicht um die "Befreiung" der Syrer von Präsident Assad, es geht um die Errichtung eines eigenen islamisch-wahhabitischen Kalifats und der Unterjochung der Bevölkerung unter diese Glaubensvorstellung.
Der einzige Unterschied zwischen den heutigen wahhabitischen Kämpfern und denen noch vor 100 Jahren ist der, dass der Anführer der al-Saud Seite an Seite mitgekämpft hatte und sie offen unterstützte. Nachdem aber das Königreich Saudi Arabien gegründet wurde und Ibn Saud politisch-strategische Allianzen insbesondere mit den USA geschmiedet hatte, bedeutete dass das Aus für die öffentliche Kampagne der Wahhabiten und des Hauses Al-Saud. Aber nur weil das Königshaus sich nicht mehr sonderlich an diesen Pakt von 1744 hielt, hiess das noch lange nicht dass auch die wahhabitische Ideologie untergegangen ist. Das Beispiel mit der Besetzung der Grossen Moschee von Mekka im Jahr 1979 zeigte der korrupten Monarchie ganz klar, was passiert wenn sie sich nicht zumindest im Geheimen an diesen Pakt hält und die Wahhabiten unterstützt.

Es darf also nicht weiter verwundern, wenn die ehemalige US-Aussenministerin in einer von WikiLeaks veröffentlichten Depesche von 2010 festhält, dass Saudi Arabien nach wie vor zu den grössten Unterstützern von Terroristen (nicht irgendwelchen, sondern wahhabitischen Gruppierungen) gehört. Nach 9 Jahren im "Krieg gegen Terror", mehr als 7 Jahre nach der Invasion und Zerstörung des Iraks, sagt die oberste Diplomatin der Vereinigten Staaten von Amerika also dass die wichtigsten Verbündeten der Region den Feind unterstützen. Es wurden aber nicht etwa Saudi Arabien, Qatar, Kuwait oder die Vereinigten Arabischen Emirate als "Achse des Bösen" bezeichnet, sondern der Iran und Syrien. Ausgerechnet der Iran der den USA so kritische Hilfeleistung in Afghanistan während der Bombenkampagne 2001 geboten hatte, und ohne dessen Einfluss es keine Einigung an der Afghanistan Konferenz in Bonn im Dezember 2001 gegeben hätte.
Die Verwunderung in den USA darüber, dass ihre Verbündeten sie indirekt im Irak bekämpften hörte nicht mit dieser Feststellung auf. Die US-Militärs machten den Iran auch dafür verantwortlich, dass sie den Krieg im Irak nicht gewinnen können. Weil der Iran schiitische Gruppierungen im Irak unterstützte, welche wiederum Anschläge auf US-Soldaten vornahmen. Dass das nur die halbe Wahrheit war, wie auch die Anschläge im Irak der letzten Wochen ganz klar zeigten, verschwiegen die Militärs lieber.
Völlig überrascht war man dann in Washington, als die irakische Regierung nicht den Iran als grösste Bedrohung für den Irak einstufte, sondern Saudi Arabien und die kleineren Scheichtümer am Persischen Golf. Mit dieser Einschätzung stand die irakische Regierung nicht alleine da. Auch Feridun Sinirlioglu, ein hoher Beamte des türkischen Aussenministeriums, sagte den Amerikanern dass "Saudi Arabien mit Geld um sich wirft" weil sie die schiitische Dominanz im Irak nicht akzeptieren können.

Sämtliche Empfehlungen, wie beispielsweise die von der Bush-Administration beauftragte "Iraq Study Group" unter der Leitung des ehemaligen und sehr respektierten Aussenministers James Baker III., wurden aus geo-strategischen Gründen in den Wind geblasen. Der "Iraq Study Group Report" von 2006 kam nämlich zum Schluss, dass die damalige US-Politik im Irak versagt hatte und man neue Wege gehen müsse.





Diese Einschätzung der "Iraq Study Group", also eine diplomatische Annäherung der USA an den Iran und Syrien, sowie die Feststellung dass die grössten Probleme im Mittleren Osten allesamt mit dem Israel-Palästina Konflikt verwoben sind, muss für panische Angst in Riad und Tel Aviv gesorgt haben. Und prompt reagierten die Saudis indem sie Vize-Präsident Dick Cheney nach Riad zitierten, und ihm unverhohlen mit Produktionskürzungen der OPEC drohten und ihm klar machten, dass Saudi Arabien nicht stillschweigend zuschauen werden wie sich dann die Situation im Irak entwickeln wird. Zugleich richteten die wichtigsten wahhabitischen Kleriker einen Aufruf an Sunniten auf der ganzen Welt aus, um sich für den Kampf gegen Schiiten und Amerikaner im Irak vorzubereiten.

Was folgte ist genau das Gegenteil der Empfehlung der "Iraq Study Group". Eingeschüchtert von den nicht mehr kontrollierbaren Entwicklungen im Irak, entschieden sich Dick Cheney, Zalmay Khalilzad, Elliott Abrams und der schon fast legendäre und langjährige saudische Botschafter in Washington, Prinz Bandar bin Sultan, einen Richtungswechsel der US-Politik vorzunehmen.
Dieser Richtungswechsel sah vor, Saudi Arabien eng an das US-Israel Camp zu binden um gemeinsam den Iran und Syrien bekämpfen zu können. Ein Analyst des einflussreichen Council on Foreign Relations (CFR) nannte diese neue Situation folgendermassen: "Die Saudis und einige in der Administration behaupteten, dass die grösste Bedrohung der Iran darstellt und die sunnitischen Radikale der kleinere Feind wären. Das ist ein Sieg für die saudische Linie. Das letzte Mal als der Iran eine Bedrohung war (er spielt auf die islamische Revolution von 1979 an), waren die Saudis in der Lage die schlimmste Art von islamischen Radikalen zu mobilisieren. Aber wenn man diese ersteinmal aus der Kiste lässt, bekommt man sie nicht mehr rein."

Ein anderer amerikanischer Regierungsbeamter sagte dem Starjournalisten Seymour Hersh, dass Prinz Bandar (und damit auch König Abdullah) der Bush-Administration mitteilte: "Wir haben diese Bewegung erschaffen, und wir können sie kontrollieren. Es geht nicht darum das wir nicht wollen dass diese Salafisten Bomben werfen, sondern auf wen sie es werfen - Hezbollah, Moqtada al-Sadr, Iran und auf die Syrer, wenn sie weiterhin mit Hezbollah und den Iranern zusammenarbeiten."

Destabilisierung - "Revolution" - von Syrien beginnt bereits 2007

Prinz Bandar vereinbarte mit den USA, syrischen Elementen Waffen und Geld zu liefern um die Regierung von Präsident Assad zu schwächen. Israel war mit dieser Strategie ebenfalls einverstanden, glaubten die Israeli dass das den Druck auf Assad erhöhen würde um an den Verhandlungstisch mit Israel zurück zu kehren, natürlich unter Israels Bedingungen, und die Unterstützung für Hezballah aufzugeben. Das war der Startschuss für die "Revolution" in Syrien, lange vor dem sogenannten "Arabischen Frühling" welcher seinen Anfang in den Hauptstädten von Tunesien und Ägypten hatte.
Jede Revolution die vom eigenen Volk ausgeht, hat ihren Ursprung jeweils in der Hauptstadt eines Landes. Das war in Tunis so, das war in Kairo so, das war auch 1978 in Teheran, genau so wie es in den 1990er Jahren in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien war. Immer aus der Hauptstadt hinaus aufs Land. Nur in Syrien war das anders. Hier begann der Aufstand in der Provinz und blieb auch da. Erst mit der Ankunft von grösseren Verbänden von Jihadisten wurde der Aufstand in die Hauptstadt Damaskus getragen. So sieht kein homogener Volksaufstand aus der sich eines unbeliebten Diktators entledigen möchte, und ist auch einer der Hauptgründe weshalb der Konflikt bereits 2 Jahre dauert und Tausende Todesopfer gefordert hat. Der andere wesentliche Grund ist, dass die wahhabitischen Jihadisten von Anfang an Geld und Waffen erhielten, andernfalls hätten sie keine Chance in einem offenen Krieg gegen die gut ausgebildete und ausgerüstete Armee Syriens gehabt.



Die Ankündigung des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan das Problem mit den Kurden endlich lösen zu wollen, und dem gleichzeitigen Aufruf des inhaftierten PKK-Kurdenführers Abdullah Öcalan einen Waffenstillstand mit der Türkei zu schliessen, könnte weitreichende Konsequenzen für Syrien und für den Irak haben.
Bis jetzt kämpften die Kurden Syriens auf Seite von Präsident Assad gegen die Rebellen, aus Angst vor der Zukunft unter einem wahhabitischen Kalifat. Als aber die Neuigkeiten aus der Türkei die Weltmedien erreichten, wechselten die Kurden aus der Umgebung der hart umkämpften Stadt Aleppo die Seiten. Plötzlich wollen sie mit den Rebellen gegen Präsident Assad kämpfen. Sollte dies ein landesweiter Trend sein und nicht nur eine lokale Sensation, könnte dass das endgültige Ende des Widerstandes von Assad`s Truppen gegen die vom Ausland gesteuerten Rebellen bedeuten. Die Flut von schwerem Kriegsgerät nach Jordanien und in die Türkei, kann durch diesen Waffenstillstand zwischen der Türkei und Öcalan nun auch die kurdischen Gebiete in Syrien erreichen und dadurch weitere Fronten für die syrische Armee eröffnen.


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